Offenstallwissen
Offenstallwissen
Die Bedeutung des Zuckergehaltes im Heu
Veröffentlicht am 26.11.2015
Aus meiner Sicht bestimmt der Zuckergehalt im Heu im sehr großen Maße nicht nur den Fütterungszustand des Pferdes (Maß der Verfettung) sondern auch den Gesundheitszustand. Daher bin ich immer wieder negativ überrascht, dass es von sehr vielen Fachleuten überhaupt nicht berücksichtigt wird.
Bei vielen Studien und Rationsberechungen (auch neueren Datums) findet man lediglich Angaben, wie „Heu, Ende der Blüte“ und dann wird irgendein Durchschnittswert eingesetzt. Vor kurzem hat mir gerade ein anerkannter Fütterungsexperte erklärt, dass man den Zuckergehalt nicht betrachten muss. Viel wichtiger wäre der Rohfasergehalt. Daran könnte man den Schnittzeitpunkt erkennen und als Pferdehalter sollte man sich nur merken, dass man für ein energieärmeres Heu einen späteren Schnittzeitpunkt benötigt. Dann ist der Rohfasergehalt höher und der Zuckergehalt niedriger.
Nach meinen Erfahrungen sind die Zusammenhänge nicht mehr so einfach. In der folgenden Grafik sehen Sie alle Heuproben (23), die wir in den letzten 2 Jahren ins Labor geschickt haben. Die blauen Säulen sind die Zuckergehalte nach Größe sortiert (von 32,6g bis 127,4g) und die roten Säulen sind die Rohfasergehalte (von 207g bis 314g) (alle Werte bezogen auf 1 kg Futter). Mir fällt es schwer, hier den eindeutigen Zusammenhang zu erkennen.
Ein zweiter Irrtum, der nach meiner Beobachtung häufig gemacht wird, ist die Gleichsetzung von zuckerarm und eiweißarm. Es heißt dann gerne „da ist nicht mehr viel drin“. Für Sportpferde ist es daher dann angeblich nicht geeignet und für „Robustpferde“ das optimale Futter. Auch diesen Punkt sollte man differenzierter betrachten.
Wenn Heu sehr spät geerntet wurde, dann steigt der Rohfasergehalt an und Zucker- und Eiweißgehalt sinken im Vergleich zu dem Heu, welches von der gleichen Wiese zu einem früheren Zeitpunkt geerntet würde. Das ist ein Zusammenhang.
Eine zweite Beobachtung ist jedoch, dass Grassorten mit einem hohen Zuckeranteil einen geringeren Eiweißgehalt haben (es kann ja auch nicht gleichzeitig von allem viel enthalten sein) und umgekehrt zuckerarme Sorten oftmals einen höheren Eiweißgehalt aufweisen.
In der folgenden Grafik sehen Sie wiederum den Zuckergehalt unserer Heuproben als blaue Säulen und den Gehalt an Rohprotein als rote Säulen.
Man kann also zwei Heusorten mit dem gleichen Energiegehalt haben, von denen die eine jedoch einen sehr hohen Zuckergehalt und einen geringen Einweißgehalt hat und es bei der zweiten Heusorte genau anders herum ist. Aus meiner Sicht profitieren alle Pferde von zuckerarmen Heu, wobei man bei Sport- und Zuchtpferden auf einen ausreichend hohen Eiweißgehalt achten sollte.
Woran liegt es?
Das vorrangige Ziel bei der Gräserzucht der letzten 20 Jahre ist die Entwicklung von Hochzuckergräsern (HZG). Der Zuckergehalt der beliebten Weidelgras- und Schwingelsorten ist deutlich höher, als es für Pferde verträglich ist (ich bezweifel auch, dass es für Kühe ein gesundes Futter darstellt). Ein weiteres Zuchtziel war die Robustheit. Die Zuchtgräser sollen auch bei widrigen Bedingungen überleben und weiter wachsen.
Weidelgräser und die Zucht-Schwingelsorten sind somit auf den meisten Wiesen stark vertreten. In den letzten Jahren sind zwar nach der Aufregung um das Fruktan (komplex aufgebauter Zucker, der im Verdacht steht Hufreheerkrankungen auszulösen) viele fruktanarme Gräsermischungen im Angebot. Wenn man sich diese jedoch genauer ansieht, dann ist bei vielen nur der Anteil des Weidelgrases verringert worden. Es wird jedoch immer noch dazu gemischt. Man säät also zu Beginn mit 15% Weidelgras und 85% mehr und weniger zuckerärmeren Grassorten. Wenn man sich die Wiese dann jedoch nach drei Jahren ansieht, dann hat sich der Prozentsatz der Weidelgräser wegen ihrer ausgesprochenen Robustheit (und vermutlich auch wegen der Bodenqualität und der Art der Düngung) sehr deutlich erhöht.
Auswirkungen beim Pferd
Beim Pferd hat der hohe Zuckerkonsum ähnlich negative Auswirkungen wie beim Menschen. Es bilden sich ungesunde Fettpolster, die Bauchspeicheldrüse wird überlastet, es kommt zu verschiedenen Stoffwechselstörungen und neuere Studien legen auch den Verdacht nahe, dass die starke Zunahme an Hufreheerkrankungen damit zusammenhängen. (Es wurde in einem Versuch gezeigt, dass man Hufrehe nur durch zuviel Insulin auslösen kann, ganz ohne jegliches Darmgeschehen.)
Eine weitere Beobachtung, die ich in unseren Offenställen gemacht habe und von der mir auch schon mehrere Leser berichtet haben, ist, dass sich Pferde anders verhalten, wenn man wirklich zuckerarmes Heu füttert. Die Pferde machen von sich aus Fresspausen, ohne dass man den Eindruck hätte, sie wären hungrig. Ganz im Gegenteil wirken sie entspannter und zufriedener. (Herr Pilartz hat diesen Aspekt in seinem Artikel gut beschrieben). (Wenn man als Mensch mal 4 Wochen komplett auf Zucker verzichtet, kann man übrigens das Gleiche feststellen).
Mein Fazit
Es lohnt sich, den Zuckergehalt im Heu untersuchen zu lassen. Oftmals liegt man mit den eigenen Schätzungen ein ganzes Stück daneben. Und es lohnt sich jeder Einsatz, um für die Pferde zuckerarmes Heu zu bekommen. Eventuell aufkommende Mehrkosten spart man oftmals durch die Abnahme der Tierarztbesuche wieder ein.
Die Bedeutung des Zuckergehaltes im Heu
Veröffentlicht am 26.11.2015
Aus meiner Sicht bestimmt der Zuckergehalt im Heu im sehr großen Maße nicht nur den Fütterungszustand des Pferdes (Maß der Verfettung) sondern auch den Gesundheitszustand. Daher bin ich immer wieder negativ überrascht, dass es von sehr vielen Fachleuten überhaupt nicht berücksichtigt wird.
Bei vielen Studien und Rationsberechungen (auch neueren Datums) findet man lediglich Angaben, wie „Heu, Ende der Blüte“ und dann wird irgendein Durchschnittswert eingesetzt. Vor kurzem hat mir gerade ein anerkannter Fütterungsexperte erklärt, dass man den Zuckergehalt nicht betrachten muss. Viel wichtiger wäre der Rohfasergehalt. Daran könnte man den Schnittzeitpunkt erkennen und als Pferdehalter sollte man sich nur merken, dass man für ein energieärmeres Heu einen späteren Schnittzeitpunkt benötigt. Dann ist der Rohfasergehalt höher und der Zuckergehalt niedriger.
Nach meinen Erfahrungen sind die Zusammenhänge nicht mehr so einfach. In der folgenden Grafik sehen Sie alle Heuproben (23), die wir in den letzten 2 Jahren ins Labor geschickt haben. Die blauen Säulen sind die Zuckergehalte nach Größe sortiert (von 32,6g bis 127,4g) und die roten Säulen sind die Rohfasergehalte (von 207g bis 314g) (alle Werte bezogen auf 1 kg Futter). Mir fällt es schwer, hier den eindeutigen Zusammenhang zu erkennen.
Ein zweiter Irrtum, der nach meiner Beobachtung häufig gemacht wird, ist die Gleichsetzung von zuckerarm und eiweißarm. Es heißt dann gerne „da ist nicht mehr viel drin“. Für Sportpferde ist es daher dann angeblich nicht geeignet und für „Robustpferde“ das optimale Futter. Auch diesen Punkt sollte man differenzierter betrachten.
Wenn Heu sehr spät geerntet wurde, dann steigt der Rohfasergehalt an und Zucker- und Eiweißgehalt sinken im Vergleich zu dem Heu, welches von der gleichen Wiese zu einem früheren Zeitpunkt geerntet würde. Das ist ein Zusammenhang.
Eine zweite Beobachtung ist jedoch, dass Grassorten mit einem hohen Zuckeranteil einen geringeren Eiweißgehalt haben (es kann ja auch nicht gleichzeitig von allem viel enthalten sein) und umgekehrt zuckerarme Sorten oftmals einen höheren Eiweißgehalt aufweisen.
In der folgenden Grafik sehen Sie wiederum den Zuckergehalt unserer Heuproben als blaue Säulen und den Gehalt an Rohprotein als rote Säulen.
Man kann also zwei Heusorten mit dem gleichen Energiegehalt haben, von denen die eine jedoch einen sehr hohen Zuckergehalt und einen geringen Einweißgehalt hat und es bei der zweiten Heusorte genau anders herum ist. Aus meiner Sicht profitieren alle Pferde von zuckerarmen Heu, wobei man bei Sport- und Zuchtpferden auf einen ausreichend hohen Eiweißgehalt achten sollte.
Woran liegt es?
Das vorrangige Ziel bei der Gräserzucht der letzten 20 Jahre ist die Entwicklung von Hochzuckergräsern (HZG). Der Zuckergehalt der beliebten Weidelgras- und Schwingelsorten ist deutlich höher, als es für Pferde verträglich ist (ich bezweifel auch, dass es für Kühe ein gesundes Futter darstellt). Ein weiteres Zuchtziel war die Robustheit. Die Zuchtgräser sollen auch bei widrigen Bedingungen überleben und weiter wachsen.
Weidelgräser und die Zucht-Schwingelsorten sind somit auf den meisten Wiesen stark vertreten. In den letzten Jahren sind zwar nach der Aufregung um das Fruktan (komplex aufgebauter Zucker, der im Verdacht steht Hufreheerkrankungen auszulösen) viele fruktanarme Gräsermischungen im Angebot. Wenn man sich diese jedoch genauer ansieht, dann ist bei vielen nur der Anteil des Weidelgrases verringert worden. Es wird jedoch immer noch dazu gemischt. Man säät also zu Beginn mit 15% Weidelgras und 85% mehr und weniger zuckerärmeren Grassorten. Wenn man sich die Wiese dann jedoch nach drei Jahren ansieht, dann hat sich der Prozentsatz der Weidelgräser wegen ihrer ausgesprochenen Robustheit (und vermutlich auch wegen der Bodenqualität und der Art der Düngung) sehr deutlich erhöht.
Auswirkungen beim Pferd
Beim Pferd hat der hohe Zuckerkonsum ähnlich negative Auswirkungen wie beim Menschen. Es bilden sich ungesunde Fettpolster, die Bauchspeicheldrüse wird überlastet, es kommt zu verschiedenen Stoffwechselstörungen und neuere Studien legen auch den Verdacht nahe, dass die starke Zunahme an Hufreheerkrankungen damit zusammenhängen. (Es wurde in einem Versuch gezeigt, dass man Hufrehe nur durch zuviel Insulin auslösen kann, ganz ohne jegliches Darmgeschehen.)
Eine weitere Beobachtung, die ich in unseren Offenställen gemacht habe und von der mir auch schon mehrere Leser berichtet haben, ist, dass sich Pferde anders verhalten, wenn man wirklich zuckerarmes Heu füttert. Die Pferde machen von sich aus Fresspausen, ohne dass man den Eindruck hätte, sie wären hungrig. Ganz im Gegenteil wirken sie entspannter und zufriedener. (Herr Pilartz hat diesen Aspekt in seinem Artikel gut beschrieben). (Wenn man als Mensch mal 4 Wochen komplett auf Zucker verzichtet, kann man übrigens das Gleiche feststellen).
Meine Fazit
Es lohnt sich, den Zuckergehalt im Heu untersuchen zu lassen. Oftmals liegt man mit den eigenen Schätzungen ein ganzes Stück daneben. Und es lohnt sich jeder Einsatz, um für die Pferde zuckerarmes Heu zu bekommen. Eventuell aufkommende Mehrkosten spart man oftmals durch die Abnahme der Tierarztbesuche wieder ein.