Offenstallwissen
Offenstallwissen
Gibt es etwas Besseres als Unterstände?
Veröffentlicht am 7.12.2015
Nach meinen eigenen Beobachtungen und auch nach dem Feedback, was ich von anderen Pferdehaltern bekomme, gibt es viele Pferdeherden, die ihre Unterstände nicht zum Liegen nutzen. Woran liegt es? Was kann man tun? Muss man überhaupt etwas tun?
Pferde sind Steppentiere. Sie bauen sich dort keine Höhlen, sondern übernachten im Freien. Es sind meistens Orte mit einer guten Übersicht, so dass sie mögliche Feinde rechtzeitig erkennen können. Bei schlechtem Wetter suchen sie eher geschützte Orte auf, bei warmen Wetter werden luftige Plätze bevorzugt. Der Boden muss halbwegs trocken, rutschfest und verformbar sein. Abgesehen von ein bis zwei Aufpassern legen sich die Pferde gerne gemeinsam hin, wobei abhängig von Rangfolge und Freundschaftsverhältnis mehr oder weniger große Abstände eingehalten werden. Beobachtungen und Wissen über Wildpferde findet man übrigens sehr schön dargestellt auf den Seiten von Marc Lubetzki und in der neuen Auflage „Handbuch Pferdeverhalten“ von Frau Zeitler-Feicht.
Verschiedene Ursachen, wenn Pferde einen Unterstand nicht zum Liegen nutzen
Die gute Übersicht ist nicht gegeben. Es sind eventuell nur zwei schmale Ein- und Ausgänge, vielleicht sogar noch durch PVC-Streifenvorhänge zugehängt. Die Pferde fühlen sich im Unterstand nicht sicher.
Keine ausreichende Fluchtmöglichkeit. Dieses kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Unterstand das Ende einer schmalen Sackgasse ist oder wenn der Unterstand eher tief als breit gebaut wurde. Die Pferde kommen dann bei Gefahr nicht schnell genug weg und fühlen sich nicht wohl.
Keine angemessene Unterlage. Viele Pferde nutzen eingestreute Unterstände gerne als Toilette. Daher bevorzugen einige Pferdehalter Gummimatten ohne Einstreu. Einige Pferde nehmen es zum Liegen an, viele Andere jedoch nicht, vor allem dann nicht, wenn es ihnen unbekannt ist. Oftmals hilft es, wenn man zumindest zur Eingewöhnung etwas Späne überstreut.
Zu geringe Größe. Die Mindestgröße nach Tierschutzrichtlinien beträgt in Offenställen 3 x WH². In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass es mit solchen Größen nicht optimal funktioniert. Zu den Hauptruhezeiten liegen dann die Ranghohen und die rangniedere Pferde haben keinen ausreichenden Platz. In einer gut funktionierenden Herde kann es sein, dass die rangniederen Pferde zu einem anderen Zeitpunkt den Unterstand aufsuchen (haben wir in unseren Gruppen mehrfach beobachten können). Es kann aber auch sein, dass sie sich dann gar nicht ablegen und lieber stehend bei den Ranghohen bleiben (auch das kann man beobachten, vor allem, wenn die Herde keine ausreichend dominanten Leitpferde hat und die Herdenmitglieder sich daher vermutlich nicht sicher genug fühlen.)
Pferde müssen sich nicht unbedingt täglich hinlegen. Es gehört durchaus zum normalen Verhalten, wenn sie sich ein paar Tage mal nicht hinlegen. Diese Phase sollte jedoch nicht zu lange dauern. Pferde können zwar im Stehen schlafen; die sogenannten REM-Schlafphasen, die vermutlich für eine optimale Regeneration benötigt werden, jedoch nur im Liegen erreichen.
Was kann man tun?
Alles was halbwegs einfach zu verbessern ist, sollte man machen, wie zum Beispiel einen weiteren Eingang in den Unterstand oder eine andere Einstreu-Variante oder vielleicht eine andere Zaunführung oder zusätzliche Raumteiler.
Wenn der Unterstand jedoch eigentlich etwas zu knapp bemessen ist, können die wenigsten mal schnell einen neuen dazu bauen. Und wenn ein dominantes Leittier fehlt, kann man auch keins herzaubern. In diesem Fall ist es sehr hilfreich, wenn man gute Außenliegeplätze einrichtet.
Diese sollten eine gute Aussicht und eine freie Fluchtmöglichkeit erlauben und zudem windgeschützt sein. Und eine ganz wesentliche Anforderung ist ein halbwegs trockener Boden. Man benötigt also eine Fläche mit möglichst „perfekter“ Entwässerung. Das kann zum Beispiel eine natürliche Fläche am Waldrand sein, wo die Bäume den notwendigen Schutz bieten. Hier hat man den weiteren Vorteil des „Laubeinstreus“. Man kann so eine Fläche jedoch auch auf der Wiese schaffen mit einer Windschutzwand und Kunststoffrastern und Hackschnitzel- oder Sandauflage.
Wenn man so eine funktionierende Liegefläche hat, dann stellt man fest, dass die Pferde (auch die Ranghohen) es lieber nutzen als den Unterstand. Es sind nun einmal keine Höhlenbewohner und draußen ist immer die bessere Sicht und die bessere Fluchtmöglichkeit.
Hier als Beispiel unsere sechste Offenstallgruppe. In dieser Gruppe stehen 10 Pferde und sie haben einen sehr großzügigen Unterstand von über 300 m². Eingestreut sind zwei Flächen von insgesamt 110 m² mit Grünkompost und Hackschnitzeln. Vor dem Unterstand gibt es jedoch noch die ehemaligen Boxenpaddocks mit guter Wasserabführung und Sandauflage. Wenn man nach Liegeabdrücken sieht, so nutzen die Pferde diese Fläche deutlich lieber zum Schlafen.
Fazit
Dieser Artikel soll natürlich nicht aussagen, dass man keine Unterstände benötigt. Ganz im Gegenteil sollte man versuchen, die Unterstände so pferdegerecht wie möglich einzuplanen. Sowohl bei längeren Regenperioden als auch als Schutz vor Insekten werden sie von den Pferden benötigt.
Zusätzlich sind jedoch gute Außenliegeplätze für die Pferde viel wertvoller, als oftmals angenommen wird. Zudem sind sie für den Pferdehalter auch in größerer Form meist einfacher zu realisieren als der ideale Unterstand.
Gibt es etwas Besseres als Unterstände?
Veröffentlicht am 7.12.2015
Nach meinen eigenen Beobachtungen und auch nach dem Feedback, was ich von anderen Pferdehaltern bekomme, gibt es viele Pferdeherden, die ihre Unterstände nicht zum Liegen nutzen. Woran liegt es? Was kann man tun? Muss man überhaupt etwas tun?
Pferde sind Steppentiere. Sie bauen sich dort keine Höhlen, sondern übernachten im Freien. Es sind meistens Orte mit einer guten Übersicht, so dass sie mögliche Feinde rechtzeitig erkennen können. Bei schlechtem Wetter suchen sie eher geschützte Orte auf, bei warmen Wetter werden luftige Plätze bevorzugt. Der Boden muss halbwegs trocken, rutschfest und verformbar sein. Abgesehen von ein bis zwei Aufpassern legen sich die Pferde gerne gemeinsam hin, wobei abhängig von Rangfolge und Freundschaftsverhältnis mehr oder weniger große Abstände eingehalten werden. Beobachtungen und Wissen über Wildpferde findet man übrigens sehr schön dargestellt auf den Seiten von Marc Lubetzki und in der neuen Auflage „Handbuch Pferdeverhalten“ von Frau Zeitler-Feicht.
Verschiedene Ursachen, wenn Pferde einen Unterstand nicht zum Liegen nutzen
Die gute Übersicht ist nicht gegeben. Es sind eventuell nur zwei schmale Ein- und Ausgänge, vielleicht sogar noch durch PVC-Streifenvorhänge zugehängt. Die Pferde fühlen sich im Unterstand nicht sicher.
Keine ausreichende Fluchtmöglichkeit. Dieses kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Unterstand das Ende einer schmalen Sackgasse ist oder wenn der Unterstand eher tief als breit gebaut wurde. Die Pferde kommen dann bei Gefahr nicht schnell genug weg und fühlen sich nicht wohl.
Keine angemessene Unterlage. Viele Pferde nutzen eingestreute Unterstände gerne als Toilette. Daher bevorzugen einige Pferdehalter Gummimatten ohne Einstreu. Einige Pferde nehmen es zum Liegen an, viele Andere jedoch nicht, vor allem dann nicht, wenn es ihnen unbekannt ist. Oftmals hilft es, wenn man zumindest zur Eingewöhnung etwas Späne überstreut.
Zu geringe Größe. Die Mindestgröße nach Tierschutzrichtlinien beträgt in Offenställen 3 x WH². In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass es mit solchen Größen nicht optimal funktioniert. Zu den Hauptruhezeiten liegen dann die Ranghohen und die rangniedere Pferde haben keinen ausreichenden Platz. In einer gut funktionierenden Herde kann es sein, dass die rangniederen Pferde zu einem anderen Zeitpunkt den Unterstand aufsuchen (haben wir in unseren Gruppen mehrfach beobachten können). Es kann aber auch sein, dass sie sich dann gar nicht ablegen und lieber stehend bei den Ranghohen bleiben (auch das kann man beobachten, vor allem, wenn die Herde keine ausreichend dominanten Leitpferde hat und die Herdenmitglieder sich daher vermutlich nicht sicher genug fühlen.)
Pferde müssen sich nicht unbedingt täglich hinlegen. Es gehört durchaus zum normalen Verhalten, wenn sie sich ein paar Tage mal nicht hinlegen. Diese Phase sollte jedoch nicht zu lange dauern. Pferde können zwar im Stehen schlafen; die sogenannten REM-Schlafphasen, die vermutlich für eine optimale Regeneration benötigt werden, jedoch nur im Liegen erreichen.
Was kann man tun?
Alles was halbwegs einfach zu verbessern ist, sollte man machen, wie zum Beispiel einen weiteren Eingang in den Unterstand oder eine andere Einstreu-Variante oder vielleicht eine andere Zaunführung oder zusätzliche Raumteiler.
Wenn der Unterstand jedoch eigentlich etwas zu knapp bemessen ist, können die wenigsten mal schnell einen neuen dazu bauen. Und wenn ein dominantes Leittier fehlt, kann man auch keins herzaubern. In diesem Fall ist es sehr hilfreich, wenn man gute Außenliegeplätze einrichtet.
Diese sollten eine gute Aussicht und eine freie Fluchtmöglichkeit erlauben und zudem windgeschützt sein. Und eine ganz wesentliche Anforderung ist ein halbwegs trockener Boden. Man benötigt also eine Fläche mit möglichst „perfekter“ Entwässerung. Das kann zum Beispiel eine natürliche Fläche am Waldrand sein, wo die Bäume den notwendigen Schutz bieten. Hier hat man den weiteren Vorteil des „Laubeinstreus“. Man kann so eine Fläche jedoch auch auf der Wiese schaffen mit einer Windschutzwand und Kunststoffrastern und Hackschnitzel- oder Sandauflage.
Wenn man so eine funktionierende Liegefläche hat, dann stellt man fest, dass die Pferde (auch die Ranghohen) es lieber nutzen als den Unterstand. Es sind nun einmal keine Höhlenbewohner und draußen ist immer die bessere Sicht und die bessere Fluchtmöglichkeit.
Hier als Beispiel unsere sechste Offenstallgruppe. In dieser Gruppe stehen 10 Pferde und sie haben einen sehr großzügigen Unterstand von über 300 m². Eingestreut sind zwei Flächen von insgesamt 110 m² mit Grünkompost und Hackschnitzeln. Vor dem Unterstand gibt es jedoch noch die ehemaligen Boxenpaddocks mit guter Wasserabführung und Sandauflage. Wenn man nach Liegeabdrücken sieht, so nutzen die Pferde diese Fläche deutlich lieber zum Schlafen.
Fazit
Dieser Artikel soll natürlich nicht aussagen, dass man keine Unterstände benötigt. Ganz im Gegenteil sollte man versuchen, die Unterstände so pferdegerecht wie möglich einzuplanen. Sowohl bei längeren Regenperioden als auch als Schutz vor Insekten werden sie von den Pferden benötigt.
Zusätzlich sind jedoch gute Außenliegeplätze für die Pferde viel wertvoller, als oftmals angenommen wird. Zudem sind sie für den Pferdehalter auch in größerer Form meist einfacher zu realisieren als der ideale Unterstand.