Offenstallwissen
Offenstallwissen
Druse im Offenstall - ein Erfahrungsbericht
Veröffentlicht am 18.9.2020 von Katharina Graf und Kathelijne Brand
Es begann im Februar 2019 mit unserer Ponystute. Sie hatte Nasenausfluss, etwas mehr als „normal“, eher gelb-grün, nicht durchsichtig oder weiß. Nach einigen Tagen der Beobachtung entschieden wir uns, einen Tierarzt zu rufen. Der erste Druse-Test: negativ. Als nach einigen Tagen keine Besserung in Sicht war der zweite Druse-Test: positiv.
Der Schreck war groß und schon viel Zeit ins Land gegangen. So ließen der zweite und dritte Drusefall nicht lange auf sich warten. Sofort wurden die folgenden Maßnahmen eingeleitet:
Druse ist eine hoch ansteckende Infektionskrankheit, die durch Bakterien ausgelöst wird. Sie wird vor allem von Pferd zu Pferd, über Gegenstände oder über den Menschen übertragen. Druse infizierte Pferde haben heftigen, gelb-grünen Nasenausfluss und sehr hohes Fieber. In den meisten Fällen kommt es zu eitrigen Durchbrüchen der Unter-Zungen-Lymphknoten zwischen den Unterkieferästen.
In Boxenställen werden infizierte Pferde sofort mit relativ wenig Aufwand isoliert. Aber wie organisiert man so etwas im Offenstall? Mit dieser Frage mussten auch wir uns von heute auf morgen auseinandersetzen.
Wir haben seuchenhygienische Einheiten geschaffen. Die Paddocks der befallenen Gruppen haben wir großzügig, mit doppelten Zwischenzäunen und sehr viel Abstand getrennt, so dass Nase-Nase Kontakt zwischen kranken und gesunden Tieren nicht mehr möglich war. Für alle Personen sichtbar, wurden die Drusebereiche abgesperrt und durften nur von bestimmten Personen betreten werden.
Mit Hilfe unserer Einsteller*innen konnten wir einen Plan erarbeiten, so dass bis zu drei Mal täglich bei allen (auch den gesunden) Pferden Fieber gemessen wurde. Alle Temperaturen wurden in Listen festgehalten. Pferde mit steigender Temperatur oder unspezifischem Nasenausfluss wurden sofort in dem Drusebereich ihrer Offenstallgruppe separiert. Anfangs wurde mit einem fiebersenkenden Mittel (Flunidol) versucht, die Symptome zu lindern. Dies führte jedoch vor allem dazu, dass die betroffenen Ponys viel länger krank waren. Sehr hilfreich waren aus Kompressionsstrümpfen gebastelte Masken, mit denen heiße, zerdrückte Kartoffeln (in Plastiktüten) an die schmerzenden Lymphknoten gedrückt wurden, bis die Kartoffeln nicht mehr warm waren. Die Kartoffelwickel halfen dabei, die Unterzungen-Lymphknoten schnell zum Durchbrechen zu bringen. Wenn die Durchbrüche einmal da waren, sank in fast allen Fällen das Fieber, und fingen die Pferde wieder an zu fressen.
Pferde mit Durchbrüchen an den Unterkiefern brauchten besondere Pflege. Auf Empfehlung des Tierarztes sollten die Durchbrüche mehrmals täglich gespült werden, die Pferde hingegen fanden das sehr unangenehm. Unser Kompromiss: Quarkmasken. Hierfür wurde pro Maske ca. 150 – 200g Quark auf ein Tuch gegeben und zu einem Päckchen geformt. Dieses Päckchen wurde auf die offene Stelle am Unterkiefer gedrückt und mit einer Maske aus Kompressionsstrümpfen für Pferdebeine fixiert (siehe Bilder). Der Quark hat sowohl desinfiziert als auch gekühlt und die Maske wurde nach einer Stunde wieder abgesetzt. Der Quark sollte nicht warm werden.
Der zusätzliche Zeitaufwand durch die Druseerkrankung lag anfangs bei ca. acht Arbeitsstunden pro Tag:
Auf eine Behandlung mit Antibiotikum haben wir nach Absprache mit dem Tierarzt verzichtet, um keine Trägertiere (Tiere die keine Symptome zeigen aber das Bakterium trotzdem ausscheiden) zu produzieren. Das Wetter hat uns den Kampf gegen die Druse zum Glück etwas erleichtert. Durch Nachtfrost wurden Bakterien getötet und konnten weniger lange auf Oberflächen überleben.
Was uns allerdings Schwierigkeiten bereitet hat waren folgende Gegebenheiten:
Viele Pferde hatten den Höhepunkt ihrer Krankheit nach einigen Tagen bereits überstanden. Tatsächlich (klinisch) gesund waren die Pferde jedoch erst dann, wenn im Rahmen einer Bronchioskopie kein infektiöser Schleim in den Luftsäcken der Pferde zu finden war. Daher waren bei einzelnen Pferden bis zu 5 Bronchioskopien erforderlich.
Tatsächlich infiziert waren auf unserem Betrieb ca. 30 von 70 Pferden. Dies ist für einen Druseausbruch im Offenstall ein gutes Ergebnis. Zum Glück gab es nicht in jeder Gruppe infizierte Tiere und so wurden in der Drusezeit sogar zwei gesunde Fohlen zur Welt gebracht.
Trotzdem zog sich die Druse fast ein halbes Jahr hin, bis alle Pferde wieder gesund waren. Drei Pferde mussten letzten Endes doch mit Antibiotikum behandelt werden. Weitere zwei lungenvorgeschädigte Pferde behielten dauerhafte Schäden im Atemwegsbereich zurück.
Die zusätzliche Arbeitsbelastung, aber auch die psychische Anspannung war sehr groß. Auch unsere Einsteller*innen mit gesunden Pferden mussten sich deutlich einschränken. Der Betrieb durfte mit Pferden nicht verlassen werden, so dass weder Ausreiten, noch Turnierbesuche oder ähnliches erlaubt waren. Einsteller*innen mit zwei Pferden auf unterschiedlichen Betrieben durften nach einem Besuch in unserem Stall nicht in einen zweiten Stall fahren. Reitlehrer*innen und Trainer*innen konnten nicht kommen, und alle Pferdehufe wurden von nur einem Schmied gepflegt. Es kam das halbe Jahr nur ein Tierarzt auf den Hof, um die Druse nicht in andere Ställe zu bringen.
Aus unseren Druse-Erfahrungen haben wir folgendes gelernt:
Von großer Bedeutung war für uns die ausgesprochen gute Zusammenarbeit mit unserem Tierarzt, der zu Beginn nahezu täglich bei uns war, uns hervorragend beraten und begleitet hat und gleichzeitig auch offen und interessiert an unseren Ideen zum Umgang mit der Druse war.
Druse im Offenstall - ein Erfahrungsbericht
Veröffentlicht am 18.9.2020 von Katharina Graf und Kathelijne Brand
Es begann im Februar 2019 mit unserer Ponystute. Sie hatte Nasenausfluss, etwas mehr als „normal“, eher gelb-grün, nicht durchsichtig oder weiß. Nach einigen Tagen der Beobachtung entschieden wir uns, einen Tierarzt zu rufen. Der erste Druse-Test: negativ. Als nach einigen Tagen keine Besserung in Sicht war der zweite Druse-Test: positiv.
Der Schreck war groß und schon viel Zeit ins Land gegangen. So ließen der zweite und dritte Drusefall nicht lange auf sich warten. Sofort wurden die folgenden Maßnahmen eingeleitet:
Druse ist eine hoch ansteckende Infektionskrankheit, die durch Bakterien ausgelöst wird. Sie wird vor allem von Pferd zu Pferd, über Gegenstände oder über den Menschen übertragen. Druse infizierte Pferde haben heftigen, gelb-grünen Nasenausfluss und sehr hohes Fieber. In den meisten Fällen kommt es zu eitrigen Durchbrüchen der Unter-Zungen-Lymphknoten zwischen den Unterkieferästen.
In Boxenställen werden infizierte Pferde sofort mit relativ wenig Aufwand isoliert. Aber wie organisiert man so etwas im Offenstall? Mit dieser Frage mussten auch wir uns von heute auf morgen auseinandersetzen.
Wir haben seuchenhygienische Einheiten geschaffen. Die Paddocks der befallenen Gruppen haben wir großzügig, mit doppelten Zwischenzäunen und sehr viel Abstand getrennt, so dass Nase-Nase Kontakt zwischen kranken und gesunden Tieren nicht mehr möglich war. Für alle Personen sichtbar, wurden die Drusebereiche abgesperrt und durften nur von bestimmten Personen betreten werden.
Mit Hilfe unserer Einsteller*innen konnten wir einen Plan erarbeiten, so dass bis zu drei Mal täglich bei allen (auch den gesunden) Pferden Fieber gemessen wurde. Alle Temperaturen wurden in Listen festgehalten. Pferde mit steigender Temperatur oder unspezifischem Nasenausfluss wurden sofort in dem Drusebereich ihrer Offenstallgruppe separiert. Anfangs wurde mit einem fiebersenkenden Mittel (Flunidol) versucht, die Symptome zu lindern. Dies führte jedoch vor allem dazu, dass die betroffenen Ponys viel länger krank waren. Sehr hilfreich waren aus Kompressionsstrümpfen gebastelte Masken, mit denen heiße, zerdrückte Kartoffeln (in Plastiktüten) an die schmerzenden Lymphknoten gedrückt wurden, bis die Kartoffeln nicht mehr warm waren. Die Kartoffelwickel halfen dabei, die Unterzungen-Lymphknoten schnell zum Durchbrechen zu bringen. Wenn die Durchbrüche einmal da waren, sank in fast allen Fällen das Fieber, und fingen die Pferde wieder an zu fressen.
Pferde mit Durchbrüchen an den Unterkiefern brauchten besondere Pflege. Auf Empfehlung des Tierarztes sollten die Durchbrüche mehrmals täglich gespült werden, die Pferde hingegen fanden das sehr unangenehm. Unser Kompromiss: Quarkmasken. Hierfür wurde pro Maske ca. 150 – 200g Quark auf ein Tuch gegeben und zu einem Päckchen geformt. Dieses Päckchen wurde auf die offene Stelle am Unterkiefer gedrückt und mit einer Maske aus Kompressionsstrümpfen für Pferdebeine fixiert (siehe Bilder). Der Quark hat sowohl desinfiziert als auch gekühlt und die Maske wurde nach einer Stunde wieder abgesetzt. Der Quark sollte nicht warm werden.
Der zusätzliche Zeitaufwand durch die Druseerkrankung lag anfangs bei ca. acht Arbeitsstunden pro Tag:
Auf eine Behandlung mit Antibiotikum haben wir nach Absprache mit dem Tierarzt verzichtet, um keine Trägertiere (Tiere die keine Symptome zeigen aber das Bakterium trotzdem ausscheiden) zu produzieren. Das Wetter hat uns den Kampf gegen die Druse zum Glück etwas erleichtert. Durch Nachtfrost wurden Bakterien getötet und konnten weniger lange auf Oberflächen überleben.
Was uns allerdings Schwierigkeiten bereitet hat waren folgende Gegebenheiten:
Viele Pferde hatten den Höhepunkt ihrer Krankheit nach einigen Tagen bereits überstanden. Tatsächlich (klinisch) gesund waren die Pferde jedoch erst dann, wenn im Rahmen einer Bronchioskopie kein infektiöser Schleim in den Luftsäcken der Pferde zu finden war. Daher waren bei einzelnen Pferden bis zu 5 Bronchioskopien erforderlich.
Tatsächlich infiziert waren auf unserem Betrieb ca. 30 von 70 Pferden. Dies ist für einen Druseausbruch im Offenstall ein gutes Ergebnis. Zum Glück gab es nicht in jeder Gruppe infizierte Tiere und so wurden in der Drusezeit sogar zwei gesunde Fohlen zur Welt gebracht.
Trotzdem zog sich die Druse fast ein halbes Jahr hin, bis alle Pferde wieder gesund waren. Drei Pferde mussten letzten Endes doch mit Antibiotikum behandelt werden. Weitere zwei lungenvorgeschädigte Pferde behielten dauerhafte Schäden im Atemwegsbereich zurück.
Die zusätzliche Arbeitsbelastung, aber auch die psychische Anspannung war sehr groß. Auch unsere Einsteller*innen mit gesunden Pferden mussten sich deutlich einschränken. Der Betrieb durfte mit Pferden nicht verlassen werden, so dass weder Ausreiten, noch Turnierbesuche oder ähnliches erlaubt waren. Einsteller*innen mit zwei Pferden auf unterschiedlichen Betrieben durften nach einem Besuch in unserem Stall nicht in einen zweiten Stall fahren. Reitlehrer*innen und Trainer*innen konnten nicht kommen, und alle Pferdehufe wurden von nur einem Schmied gepflegt. Es kam das halbe Jahr nur ein Tierarzt auf den Hof, um die Druse nicht in andere Ställe zu bringen.
Aus unseren Druse-Erfahrungen haben wir folgendes gelernt:
Von großer Bedeutung war für uns die ausgesprochen gute Zusammenarbeit mit unserem Tierarzt, der zu Beginn nahezu täglich bei uns war, uns hervorragend beraten und begleitet hat und gleichzeitig auch offen und interessiert an unseren Ideen zum Umgang mit der Druse war.