Offenstallwissen
Offenstallwissen
Heumanagement auf Gut Heinrichshof
Veröffentlicht am 23.8.2017
Die Heuqualität beeinflusst ganz wesentlich den Gesundheitszustand der Pferde. Und leider ist es extrem schwierig, passendes Pferdeheu zu bekommen. Da wir immer mal wieder gefragt werden, wie wir an dieses Problem herangehen, habe ich unseren Betriebsleiter Stefan Seyfarth gebeten, etwas aus seiner Sicht dazu zu schreiben.
„Gutes Pferdeheu für ein ganzes Jahr zu finden ist immer schwierig. Bei einem Betrieb mit 80 Pferden ist es eine echte Herausforderung. Auf Gut Heinrichshof bekommen die meisten Pferde in den Offenställen Heu ad libitum. Hier ist die Gefahr der Verfettung sehr groß, da viele Pferde eher wenig gearbeitet werden und zudem noch leichtfuttrig sind. Damit die gefährdeten Pferde keine gesundheitlichen Probleme bekommen, ist für sie ein spät geerntetes Heu und somit zuckerarmes Heu besonders wichtig.
Je später der Schnittzeitpunkt ist, desto höher wird jedoch das Risiko einer erhöhten Staub- und Schimmelpilzbelastung. Hinzu kommt noch das Problem mit den Großballen. Je größer und fester die Heuballen gepresst werden, desto trockener muss das Heu sein, da ein Nachschwitzen schwieriger wird. Wir als Großbetrieb sind auf Großballen angewiesen. Wir füttern unseren Pferden weit über 1.000 Großballen im Jahr.
Bei der erforderlichen großen Heumenge benötigt man viele verschiedene Lieferanten und bekommt dann Heu mit sehr verschiedenen Qualitäten und Inhaltsstoffen. In den Jahren 2015-2016 haben wir daher das Heu von mehreren Lieferanten im Labor gründlich untersuchen lassen. Die Ergebnisse waren sehr unterschiedlich bezüglich Zucker-, Fruktan- und Nährstoffgehalt.
Ausgehend von diesen Ergebnissen haben wir das Heumanagement auf dem Gut Heinrichshof optimiert. Wir haben mit zahlreichen Lieferanten gesprochen und am Ende 4 Hauptlieferanten aus unserer Region gefunden, die das Heu nach unseren Vorstellungen produzieren.
Das Heu sollte folgende Anfforderungen erfüllen:
Der Trockengehalt / Trocknungsgrad wird mittels eines Feuchtigkeitsmessgerät von uns überprüft (ein Heulieferant hat sich übrigens auch ein eigenes Gerät gekauft, nachdem ich ihn einmal wegschicken musste, da das Heu noch nicht ausreichend abgetrocknet war). Zusätzlich wird jede Lieferung optisch / sensorisch kontrolliert.
Sofern die Qualität passt, nehmen wir von dem Landwirt alles ab und zahlen auch gerne dafür etwasmehr als andere Abnehmer in der Region. Von anderen Lieferanten, die die Qualitätsmerkmale nicht erfüllen wollten, haben wir uns getrennt. Hier kam oft die Antwort: „Dann füttere ich es meinen eigenen Pferden / Kühen…“.
Von den 4 Lieferanten bringen zwei Landwirte aus der Nachbarschaft sehr schönes, aber auch relativ zucker- und gehaltvolles Heu. Der erste Schnitt erfolgt meist Anfang bis Mitte Juni. Von diesen Landwirten bekommen wir oft auch einen sehr guten 2. Schnitt. Beide Landwirte haben sehr schöne Wiesen, jedoch keine Lagermöglichkeit. Da wir kaum noch Stroh benötigen, benutzen wir seit 2 Jahren einen ehemaligen Strohboden als zusätzliche Lagermöglichkeit und können somit weitere 300 Ballen unterbringen.
Ein weiterer Landwirt (mit einer eigenen Reitanlage) bringt ein für Pferde sehr gut geeignetes Heu mit späterem Schnittzeitpunkt (Mitte – Ende Juni) und ein vierter Landwirt bringt ebenfalls noch einen späten Schnitt.
Ausgehend von den Schnittzeitpunkten und den Nährstoffgehalten haben wir seit 2016 unsere 6 Offenstallgruppen nach dem Futtermanagement unterteilt. So gibt es eine Wallachgruppe sowie eine Gruppe aus Stuten und Wallache für ältere oder schwerfuttrige Pferde. Diese Pferde bekommen einen jüngeren, weicheren Schnitt als die Diätpferde oder leichtfuttrigen Pferde, für die ein späterer Schnitt besser geeignet ist. So können wir mit verschiedenen Heuqualitäten für verschiedene Gruppen relativ gut auf die Bedürfnisse der Pferde eingehen (sofern sich die Pferde auch in den „richtigen“ Gruppen befinden und nicht aus „Freundschaftsgründen“ in einem eher unpassenden Offenstall).
Ein weiterer Vorteil der gruppenzugeordneten Heufütterung ist, dass die Pferde weniger Wechsel in der Heuqualität haben. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass es für den Darm der Pferde eine größere Belastung ist, wenn die Heusorten häufig wechseln. Durch unsere Aufteilung erfolgen in den Gruppen in der Regel nur zwei Wechsel im Jahr. Für die Pferde bedeutet es also, dass die Darmflora sich nicht so oft auf „neues“ Heu umstellen muss. Zudem nehmen die dickeren oder EMS-gefährdeten Pferde nicht unnötig zu und die älteren Pferde bekommen den notwendigen Nährstoffgehalt, den sie brauchen.
Auf den ersten Blick macht das genaue Zuordnen von Heulieferungen im ersten Moment mehr Arbeit, aber die Pferde bekommen dadurch insgesamt ihr passenderes Raufutter. Die meisten Pferde sehen gut aus und die Pferdebesitzer sind dadurch auch zufrieden. Für einen Pferdebesitzer ist es übertrieben gesagt genauso stressig, wenn er sein Pferd täglich 3x bewegen muss, damit es nicht zu dick wird, wie wenn er einem schwerfuttrigen Pferd 3x täglich Heucobs zufüttern müsste.
Man hat als Betrieb dauerhaft deutlich weniger Arbeit und Ruhe, weil:
Bei uns hat das Strukturieren des Heumanagement viele Vorteile gebracht und es fühlt sich seit 1 Jahr richtig „rund“ an. Wir freuen uns, solche guten, zuverlässigen Lieferanten zu haben und ich ziehe den Hut vor jedem, der das Heu in einer guten Qualität produziert.“
Heumanagement auf Gut Heinrichshof
Veröffentlicht am 23.8.2017
Die Heuqualität beeinflusst ganz wesentlich den Gesundheitszustand der Pferde. Und leider ist es extrem schwierig, passendes Pferdeheu zu bekommen. Da wir immer mal wieder gefragt werden, wie wir an dieses Problem herangehen, habe ich unseren Betriebsleiter Stefan Seyfarth gebeten, etwas aus seiner Sicht dazu zu schreiben.
„Gutes Pferdeheu für ein ganzes Jahr zu finden ist immer schwierig. Bei einem Betrieb mit 80 Pferden ist es eine echte Herausforderung. Auf Gut Heinrichshof bekommen die meisten Pferde in den Offenställen Heu ad libitum. Hier ist die Gefahr der Verfettung sehr groß, da viele Pferde eher wenig gearbeitet werden und zudem noch leichtfuttrig sind. Damit die gefährdeten Pferde keine gesundheitlichen Probleme bekommen, ist für sie ein spät geerntetes Heu und somit zuckerarmes Heu besonders wichtig.
Je später der Schnittzeitpunkt ist, desto höher wird jedoch das Risiko einer erhöhten Staub- und Schimmelpilzbelastung. Hinzu kommt noch das Problem mit den Großballen. Je größer und fester die Heuballen gepresst werden, desto trockener muss das Heu sein, da ein Nachschwitzen schwieriger wird. Wir als Großbetrieb sind auf Großballen angewiesen. Wir füttern unseren Pferden weit über 1.000 Großballen im Jahr.
Bei der erforderlichen großen Heumenge benötigt man viele verschiedene Lieferanten und bekommt dann Heu mit sehr verschiedenen Qualitäten und Inhaltsstoffen. In den Jahren 2015-2016 haben wir daher das Heu von mehreren Lieferanten im Labor gründlich untersuchen lassen. Die Ergebnisse waren sehr unterschiedlich bezüglich Zucker-, Fruktan- und Nährstoffgehalt.
Ausgehend von diesen Ergebnissen haben wir das Heumanagement auf dem Gut Heinrichshof optimiert. Wir haben mit zahlreichen Lieferanten gesprochen und am Ende 4 Hauptlieferanten aus unserer Region gefunden, die das Heu nach unseren Vorstellungen produzieren.
Das Heu sollte folgende Anfforderungen erfüllen:
Der Trockengehalt / Trocknungsgrad wird mittels eines Feuchtigkeitsmessgerät von uns überprüft (ein Heulieferant hat sich übrigens auch ein eigenes Gerät gekauft, nachdem ich ihn einmal wegschicken musste, da das Heu noch nicht ausreichend abgetrocknet war). Zusätzlich wird jede Lieferung optisch / sensorisch kontrolliert.
Sofern die Qualität passt, nehmen wir von dem Landwirt alles ab und zahlen auch gerne dafür etwasmehr als andere Abnehmer in der Region. Von anderen Lieferanten, die die Qualitätsmerkmale nicht erfüllen wollten, haben wir uns getrennt. Hier kam oft die Antwort: „Dann füttere ich es meinen eigenen Pferden / Kühen…“.
Von den 4 Lieferanten bringen zwei Landwirte aus der Nachbarschaft sehr schönes, aber auch relativ zucker- und gehaltvolles Heu. Der erste Schnitt erfolgt meist Anfang bis Mitte Juni. Von diesen Landwirten bekommen wir oft auch einen sehr guten 2. Schnitt. Beide Landwirte haben sehr schöne Wiesen, jedoch keine Lagermöglichkeit. Da wir kaum noch Stroh benötigen, benutzen wir seit 2 Jahren einen ehemaligen Strohboden als zusätzliche Lagermöglichkeit und können somit weitere 300 Ballen unterbringen.
Ein weiterer Landwirt (mit einer eigenen Reitanlage) bringt ein für Pferde sehr gut geeignetes Heu mit späterem Schnittzeitpunkt (Mitte – Ende Juni) und ein vierter Landwirt bringt ebenfalls noch einen späten Schnitt.
Ausgehend von den Schnittzeitpunkten und den Nährstoffgehalten haben wir seit 2016 unsere 6 Offenstallgruppen nach dem Futtermanagement unterteilt. So gibt es eine Wallachgruppe sowie eine Gruppe aus Stuten und Wallache für ältere oder schwerfuttrige Pferde. Diese Pferde bekommen einen jüngeren, weicheren Schnitt als die Diätpferde oder leichtfuttrigen Pferde, für die ein späterer Schnitt besser geeignet ist. So können wir mit verschiedenen Heuqualitäten für verschiedene Gruppen relativ gut auf die Bedürfnisse der Pferde eingehen (sofern sich die Pferde auch in den „richtigen“ Gruppen befinden und nicht aus „Freundschaftsgründen“ in einem eher unpassenden Offenstall).
Ein weiterer Vorteil der gruppenzugeordneten Heufütterung ist, dass die Pferde weniger Wechsel in der Heuqualität haben. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass es für den Darm der Pferde eine größere Belastung ist, wenn die Heusorten häufig wechseln. Durch unsere Aufteilung erfolgen in den Gruppen in der Regel nur zwei Wechsel im Jahr. Für die Pferde bedeutet es also, dass die Darmflora sich nicht so oft auf „neues“ Heu umstellen muss. Zudem nehmen die dickeren oder EMS-gefährdeten Pferde nicht unnötig zu und die älteren Pferde bekommen den notwendigen Nährstoffgehalt, den sie brauchen.
Auf den ersten Blick macht das genaue Zuordnen von Heulieferungen im ersten Moment mehr Arbeit, aber die Pferde bekommen dadurch insgesamt ihr passenderes Raufutter. Die meisten Pferde sehen gut aus und die Pferdebesitzer sind dadurch auch zufrieden. Für einen Pferdebesitzer ist es übertrieben gesagt genauso stressig, wenn er sein Pferd täglich 3x bewegen muss, damit es nicht zu dick wird, wie wenn er einem schwerfuttrigen Pferd 3x täglich Heucobs zufüttern müsste.
Man hat als Betrieb dauerhaft deutlich weniger Arbeit und Ruhe, weil:
Bei uns hat das Strukturieren des Heumanagement viele Vorteile gebracht und es fühlt sich seit 1 Jahr richtig „rund“ an. Wir freuen uns, solche guten, zuverlässigen Lieferanten zu haben und ich ziehe den Hut vor jedem, der das Heu in einer guten Qualität produziert.“