Offenstallwissen
Offenstallwissen
Ist mein Pferd für den Offenstall geeignet?
Veröffentlicht am 25.7.2016
Diese Frage bekomme ich öfters gestellt und die einfache Antwort ist:
Jedes Pferd, welches sich lahmfrei im Schritt bewegen kann, ist auch für die Offenstallhaltung geeignet.
Man braucht keine Sorge haben, dass das ehemalige Boxenpferd dort friert (vorausgesetzt man stellt es nicht mitten im Winter von einem Warmstall nach draußen). Pferde können sich sehr gut an wechselnde Temperaturen anpassen (vor allem, wenn man sie nicht mit Decken behindert). Einen hervorragenden Artikel zu diesem Thema gibt es von Natalija Aleksandrova.
Aber die eigentliche Frage ist leider nicht, ob das Pferd generell für eine Offenstallhaltung geeignet ist, sondern ob Pferd xyz in den Offenstall zyx passt. Und diese Frage ist viel schwieriger zu beantworten, da es von vielen Umständen abhängt. Und man muss leider sagen, dass ein unpassender Offenstall oftmals mehr Stress bedeutet als ein guter Boxenstall. Folgende Faktoren sollte man daher betrachten:
Passt das Pferd in die Herde?
Diese Frage beantwortet man am besten mit der Aufzählung von unpassenden Kombinationen: alte oder körperlich angeschlagene Pferde werden oftmals nicht mehr richtig von einer Herde akzeptiert (in der Natur würden sie die Gefahr für die Herde vergrößern, da sie nicht mehr schnell genug flüchten können). Eine Integration ist daher schwierig, die Pferde leben dann meist nur am Rand der Herde. Für solche Pferde ist es daher günstiger, wenn man sie nur mit 1-3 ähnlich alten oder kranken Pferden zusammen hält.
Hengstige Wallache sind in gemischten Gruppen oftmals problematisch. Sie bespringen die Stuten und nehmen es mit der Beschützung und Verteidigung manchmal zu ernst. Dieses führt nicht nur zu Ärger bei den Stutenbesitzern und zu Schwierigkeiten bei der Integration neuer Pferde, sondern bedeutet meist auch, dass der betreffende Wallach zu wenig zur Ruhe kommt (er muss ja ständig aufpassen). Solche Wallache sind in reinen Wallachgruppen viel besser aufgehoben.
Sehr rangniedrige Pferde sind ebenfalls eine Gruppe, bei der man genauer hinsehen muss. Es ist keine gute Lösung, für sie eine Herde mit ähnlichen Pferden zu suchen. Gerade die unsicheren Pferde benötigen eine Gruppe mit sicherer Führung, damit sie sich wohl fühlen können. Vor allem bei Miniherden aus 2-3 Pferden kann es ein Problem sein, wenn keiner die Führungsrolle übernehmen möchte. Die Pferde fühlen sich dann nicht sicher, legen sich wenig hin und lassen sich ungern (zum Beispiel zum Reiten) trennen.
Ist die Heufütterung für mein Pferd geeignet?
Im Offenstall wünscht man sich möglichst eine Heufütterung rund um die Uhr, am liebsten Heu zur freien Verfügung. Abhängig von der Heuqualität kann das jedoch mehr oder weniger schlecht funktionieren. Oftmals ist man auf zu zuckerreiches Heu angewiesen, so dass Offenstall-Betreiber verschiedene Lösungen zur Portionierung verwenden. Und hier muss man nun abschätzen, ob es für das eigene Pferd eine passende Lösung ist. Als Grundvoraussetzung sollte die Heuqualität möglichst gut sein (bezüglich Schimmelpilz- und Zuckergehalt).
Abhängig vom Zuckergehalt des Heus und vom Bedarf des eigenen Pferdes muss man dann abschätzen, ob das Pferd wohl mit den gefütterten Mengen zurecht kommt. Dabei hilft ein Blick auf die anwesenden Pferde. Sehen alle eher etwas moppelig aus und hat das eigene Pferd ohnehin schon Gewichts- und Stoffwechselprobleme, dann ist es der falsche Offenstall. Sind die Pferde eher an der unteren Grenze und benötigt das eigene Pferd Unmengen Heu, um halbwegs rund auszusehen, dann ist es ebenso unwahrscheinlich, dass es gut klappen wird.
Und ein dritter Punkt ist die Art der Fütterung. Habe ich ein sehr rangniederes Pferd, dann ist es besonders wichtig, dass ausreichend viele Heuplätze vorhanden sind und dass alle Pferde entspannt fressen können. Gibt es zum Beispiel für 10 Pferde nur zwei automatische Heudosierer, so kann man davon ausgehen, dass vor allem für die rangniederen Pferde die Heufütterung nicht stressfrei abläuft.
Kommt mein Pferd mit der Weidezeit zurecht?
Leider gibt es immer mehr Pferde mit Stoffwechselproblemen, die dann möglichst gar nicht oder nur eingeschränkt auf die Weide dürfen. Hier muss also ebenfalls das Angebot des Offenstalls zu den Bedürfnissen ihres Pferdes passen. Nach meiner Erfahrung sollte man jedoch bei problematischen Pferden nicht generell auf die Weide verzichten. Es hängt sehr stark von der Qualität der Wiesen und von dem Weidemangement ab, wieviel Gras vorgeschädigte Pferde vertragen. Sind ausreichend große Flächen vorhanden, so dass regelmäßig gewechselt wird und die Pferde möglichst auf etwas überständiges Gras kommen, dann können auch ehemalige Hufrehe-Patienten die Weiden genießen. Man sollte nicht vergessen, dass auch Heu nur getrocknetes Gras ist. Sind es jedoch Flächen mit einseitigem Bewuchs, die ständig stark überweidet werden, dann muss man dieses Thema kritischer betrachten.
Kann sich mein Pferd in dem Offenstall hinlegen?
Es ist ein oftmals unerkanntes Problem in Offenställen, dass sich vor allem rangniedere Pferde zu wenig hinlegen. Man sollte also darauf achten, dass die Liegeflächen ausreichend groß sind (mindestens 8 m² pro Großpferd, besser 10 m²), dass er so geschnitten ist, dass die Pferde ihn gerne annehmen (zum Beispiel kein langer Schlauch mit nur einem Eingang an der kurzen Seite) und das der Untergrund „passt“.
Gerade der letzte Punkt bezüglich Untergrund ist schlecht pauschal zu beurteilen. Bei manchen Herden funktionieren zum Beispiel Gummimatten sehr gut, in anderen Gruppen werden sie zum Liegen gar nicht angenommen. Generell kann man sagen, dass Pferde gerne auf weichem Einstreu liegen (Stroh, Späne, etc.) und dass man bei anderen Untergründen eventuell eine Gewöhnungsphase benötigt. Dazu gibt es entsprechende Untersuchungen (Zeitler-Feicht), die zeigten, dass Pferde, die an Gummimatten gewöhnt waren, diese fast genau so gut annehmen wie Späne-Einstreu, während Pferde, die Gummimatten nicht kennen, Späne deutlich bevorzugten. So eine Gewöhnung geschieht jedoch oftmals nicht von alleine. Man muss dazu also erst zum Beispiel Späne überstreuen und diese Späneschicht dann nach und nach verringern.
Passen die anderen Umstände nicht nur für mein Pferd, sondern auch für mich?
Pferd und Besitzer müssen sich beide wohlfühlen. Es hilft gar nichts, wenn es dem Pferd prinzipiell gut geht und man selber jedoch Bauchschmerzen hat, wenn man in den Stall fährt, weil einem die Gemeinschaft vielleicht nicht zusagt oder man mit dem Stallbetreiber überhaupt nicht auf einen Nenner kommt. Wenn ich unbedingt an sportlichen Wettkämpfen teilnehmen möchte, dann benötige ich für den Winter eine Reithalle oder zumindest einen immer gut bereitbaren Außenplatz. Wenn Ausreiten für mich das „ein und alles“ ist, dann benötigt man ein zumindest halbwegs gutes Ausreitgelände. Man sollte also nur die Kompromisse machen, die man auch langfristig bereit ist zu tragen.
Ist mein Pferd für den Offenstall geeignet?
Veröffentlicht am 25.7.2016
Diese Frage bekomme ich öfters gestellt und die einfache Antwort ist:
Jedes Pferd, welches sich lahmfrei im Schritt bewegen kann, ist auch für die Offenstallhaltung geeignet.
Man braucht keine Sorge haben, dass das ehemalige Boxenpferd dort friert (vorausgesetzt man stellt es nicht mitten im Winter von einem Warmstall nach draußen). Pferde können sich sehr gut an wechselnde Temperaturen anpassen (vor allem, wenn man sie nicht mit Decken behindert). Einen hervorragenden Artikel zu diesem Thema gibt es von Natalija Aleksandrova.
Aber die eigentliche Frage ist leider nicht, ob das Pferd generell für eine Offenstallhaltung geeignet ist, sondern ob Pferd xyz in den Offenstall zyx passt. Und diese Frage ist viel schwieriger zu beantworten, da es von vielen Umständen abhängt. Und man muss leider sagen, dass ein unpassender Offenstall oftmals mehr Stress bedeutet als ein guter Boxenstall. Folgende Faktoren sollte man daher betrachten:
Passt das Pferd in die Herde?
Diese Frage beantwortet man am besten mit der Aufzählung von unpassenden Kombinationen: alte oder körperlich angeschlagene Pferde werden oftmals nicht mehr richtig von einer Herde akzeptiert (in der Natur würden sie die Gefahr für die Herde vergrößern, da sie nicht mehr schnell genug flüchten können). Eine Integration ist daher schwierig, die Pferde leben dann meist nur am Rand der Herde. Für solche Pferde ist es daher günstiger, wenn man sie nur mit 1-3 ähnlich alten oder kranken Pferden zusammen hält.
Hengstige Wallache sind in gemischten Gruppen oftmals problematisch. Sie bespringen die Stuten und nehmen es mit der Beschützung und Verteidigung manchmal zu ernst. Dieses führt nicht nur zu Ärger bei den Stutenbesitzern und zu Schwierigkeiten bei der Integration neuer Pferde, sondern bedeutet meist auch, dass der betreffende Wallach zu wenig zur Ruhe kommt (er muss ja ständig aufpassen). Solche Wallache sind in reinen Wallachgruppen viel besser aufgehoben.
Sehr rangniedrige Pferde sind ebenfalls eine Gruppe, bei der man genauer hinsehen muss. Es ist keine gute Lösung, für sie eine Herde mit ähnlichen Pferden zu suchen. Gerade die unsicheren Pferde benötigen eine Gruppe mit sicherer Führung, damit sie sich wohl fühlen können. Vor allem bei Miniherden aus 2-3 Pferden kann es ein Problem sein, wenn keiner die Führungsrolle übernehmen möchte. Die Pferde fühlen sich dann nicht sicher, legen sich wenig hin und lassen sich ungern (zum Beispiel zum Reiten) trennen.
Ist die Heufütterung für mein Pferd geeignet?
Im Offenstall wünscht man sich möglichst eine Heufütterung rund um die Uhr, am liebsten Heu zur freien Verfügung. Abhängig von der Heuqualität kann das jedoch mehr oder weniger schlecht funktionieren. Oftmals ist man auf zu zuckerreiches Heu angewiesen, so dass Offenstall-Betreiber verschiedene Lösungen zur Portionierung verwenden. Und hier muss man nun abschätzen, ob es für das eigene Pferd eine passende Lösung ist. Als Grundvoraussetzung sollte die Heuqualität möglichst gut sein (bezüglich Schimmelpilz- und Zuckergehalt).
Abhängig vom Zuckergehalt des Heus und vom Bedarf des eigenen Pferdes muss man dann abschätzen, ob das Pferd wohl mit den gefütterten Mengen zurecht kommt. Dabei hilft ein Blick auf die anwesenden Pferde. Sehen alle eher etwas moppelig aus und hat das eigene Pferd ohnehin schon Gewichts- und Stoffwechselprobleme, dann ist es der falsche Offenstall. Sind die Pferde eher an der unteren Grenze und benötigt das eigene Pferd Unmengen Heu, um halbwegs rund auszusehen, dann ist es ebenso unwahrscheinlich, dass es gut klappen wird.
Und ein dritter Punkt ist die Art der Fütterung. Habe ich ein sehr rangniederes Pferd, dann ist es besonders wichtig, dass ausreichend viele Heuplätze vorhanden sind und dass alle Pferde entspannt fressen können. Gibt es zum Beispiel für 10 Pferde nur zwei automatische Heudosierer, so kann man davon ausgehen, dass vor allem für die rangniederen Pferde die Heufütterung nicht stressfrei abläuft.
Kommt mein Pferd mit der Weidezeit zurecht?
Leider gibt es immer mehr Pferde mit Stoffwechselproblemen, die dann möglichst gar nicht oder nur eingeschränkt auf die Weide dürfen. Hier muss also ebenfalls das Angebot des Offenstalls zu den Bedürfnissen ihres Pferdes passen. Nach meiner Erfahrung sollte man jedoch bei problematischen Pferden nicht generell auf die Weide verzichten. Es hängt sehr stark von der Qualität der Wiesen und von dem Weidemangement ab, wieviel Gras vorgeschädigte Pferde vertragen. Sind ausreichend große Flächen vorhanden, so dass regelmäßig gewechselt wird und die Pferde möglichst auf etwas überständiges Gras kommen, dann können auch ehemalige Hufrehe-Patienten die Weiden genießen. Man sollte nicht vergessen, dass auch Heu nur getrocknetes Gras ist. Sind es jedoch Flächen mit einseitigem Bewuchs, die ständig stark überweidet werden, dann muss man dieses Thema kritischer betrachten.
Kann sich mein Pferd in dem Offenstall hinlegen?
Es ist ein oftmals unerkanntes Problem in Offenställen, dass sich vor allem rangniedere Pferde zu wenig hinlegen. Man sollte also darauf achten, dass die Liegeflächen ausreichend groß sind (mindestens 8 m² pro Großpferd, besser 10 m²), dass er so geschnitten ist, dass die Pferde ihn gerne annehmen (zum Beispiel kein langer Schlauch mit nur einem Eingang an der kurzen Seite) und das der Untergrund „passt“.
Gerade der letzte Punkt bezüglich Untergrund ist schlecht pauschal zu beurteilen. Bei manchen Herden funktionieren zum Beispiel Gummimatten sehr gut, in anderen Gruppen werden sie zum Liegen gar nicht angenommen. Generell kann man sagen, dass Pferde gerne auf weichem Einstreu liegen (Stroh, Späne, etc.) und dass man bei anderen Untergründen eventuell eine Gewöhnungsphase benötigt. Dazu gibt es entsprechende Untersuchungen (Zeitler-Feicht), die zeigten, dass Pferde, die an Gummimatten gewöhnt waren, diese fast genau so gut annehmen wie Späne-Einstreu, während Pferde, die Gummimatten nicht kennen, Späne deutlich bevorzugten. So eine Gewöhnung geschieht jedoch oftmals nicht von alleine. Man muss dazu also erst zum Beispiel Späne überstreuen und diese Späneschicht dann nach und nach verringern.
Passen die anderen Umstände nicht nur für mein Pferd, sondern auch für mich?
Pferd und Besitzer müssen sich beide wohlfühlen. Es hilft gar nichts, wenn es dem Pferd prinzipiell gut geht und man selber jedoch Bauchschmerzen hat, wenn man in den Stall fährt, weil einem die Gemeinschaft vielleicht nicht zusagt oder man mit dem Stallbetreiber überhaupt nicht auf einen Nenner kommt. Wenn ich unbedingt an sportlichen Wettkämpfen teilnehmen möchte, dann benötige ich für den Winter eine Reithalle oder zumindest einen immer gut bereitbaren Außenplatz. Wenn Ausreiten für mich das „ein und alles“ ist, dann benötigt man ein zumindest halbwegs gutes Ausreitgelände. Man sollte also nur die Kompromisse machen, die man auch langfristig bereit ist zu tragen.