Offenstallwissen
Offenstallwissen
Auswertung zu unserem Versuch zur freien Heufütterung
Veröffentlicht am 27.1.2015
Anfang Dezember haben wir über Facebook einen Aufruf gestartet. Es wurden 10 Betriebe gesucht, die in ihren Offenställen 24 Stunden Heu ad libitum anbieten und bei denen die Pferde trotzdem nicht zu dick werden. Die Anzahl der Zuschriften war riesig (vielen Dank an alle!) und dabei fiel zunächst folgendes auf:
- Es gibt viele schöne Offenställe und Stallbetreiber, die unheimlich bemüht sind, alles optimal zu lösen.
- Es gibt viele zu dicke Pferde, die von den Besitzern oder Stallbetreibern jedoch als passend angesehen werden.
Es war realtiv mühsam anhand der Fotos 10 Betriebe herauszusuchen, bei denen die Pferde wirklich einen passenden Futterzustand haben. Aber schließlich war die Entscheidung gefallen und die 10 Heuproben wurden ins Labor geschickt und auf ihren Zuckergehalt untersucht. Meine Vermutung war, dass die Zuckerwerte deutlich niedriger liegen als bei dem „üblichen Kuhheu“, welches die meistens Pferdehalter (einschließlich uns) mangels anderer Angebote füttern müssen.
Untersucht wurde:
Zuckergehalt: Hierunter versteht man die Zuckerstoffe, die vom Pferd im Dünndarm verdaut werden. Da das Verdauungssystem des Pferdes auf mageres Steppengras ausgelegt ist, kann es mit größeren Zuckermengen nicht gut umgehen. Zu viel Zucker im Heu führt zu Stoffwechselstörungen und Verfettung.
Fruktangehalt: Fruktane sind komplexe langkettige Zuckermoleküle, die das Pferd nur schwer verdauen kann und zwar erst im Dickdarm. Es wird daher vermutet, dass bei einer zu großen Fruktanaufnahme, die Bakterienflora im Dickdarm zusammenbricht und durch das massive Absterben der Darmbakterien entsprechende Giftstoffe gebildet werden, die dann wiederum Hufrehe auslösen können.
Rohfasergehalt. Rohfaser sind Stoffe, die in bestimmten Laugen und Säuren unlöslich sind. In der Pferdefütterung gehören dazu zum Beispiel Zellulose und Lignin. Das Pferd benötigt eine ausreichende Menge Rohfasern. Es ist in der Lage, diese Stoffe im Dickdarm mit Hilfe von Mikroorganismen aufzuschließen und daraus Energie zu gewinnen. Überständiges Gras hat einen Rohfasergehalt bis zu 6% (bezogen auf die Frischmasse), junges Gras nur 3-4 %. Der Rohfasergehalt steigt also mit dem Alter des Grases.
Und hier kommen jetzt die Ergebnisse der 9 Heuproben (Probe 4 ist leider aus unbekannten Gründen nicht im Labor angekommen).
Rot: Anteil an Fruktanen (g/kg Trockenmasse)
Blau: Menge des Restzuckers (g/kg Trockenmasse)
Die Höhe der Säulen ist somit der Gesamtzuckergehalt der Heuproben.
P: deutliche Schädigung des Proteins
(P): geringe Schädigung des Proteins.
Alle Proben waren sensorisch frei von Schimmelbildung. Bei acht Proben war der Geruch angenehm heuartig, bei einer Probe (Nr. 6) Geruch leicht muffig, noch angenehm. Die Qualität der Heuproben hinsichtlich Schimmelpilze war somit im wesentlichen sehr gut.
Heuprobe 3 zeigt die bei uns leider auch oft üblichen hohen Werte sowohl beim Fruktan als auch dadurch beim Gesamtzucker. Alle anderen Heuproben liegen deutlich niedriger vor allem im Fruktangehalt. Fünf Proben liegen im Zuckergehalt unter 50% von der Probe mit dem höchsten Gesamtzuckerwert. Diese Unterschiede hätte ich nicht so stark erwartet.
Bei den Heuproben, bei denen die Werte extrem niedrig sind, geht es allerdings auf Kosten der Proteinqualität. Hier muss man also im Blick haben, ob die Eiweißversorgung der Pferde noch ausreichend ist. Ich habe zunächst vermutet, dass diese Heusorten eventuell besonders spät geschnitten wurden. Der Rohfasergehalt der Heuproben bestätigt dieses jedoch nicht. Es ist in der nächsten Zeichnung zu sehen. Die Höhe der Säulen gibt den Rohfasergehalt an in g pro kg Trockenmasse.
Auch wenn dieses kein umfangreicher wissenschaftlicher Versuch ist, bestätigt er dennoch die Annahme, dass der Zuckergehalt im Heu ein entscheidender Faktor dafür ist, wie gut eine freie Heufütterung funktionieren kann oder eben auch nicht (im Hinblick auf Verfettung der Pferde).
Für mich stellt sich jetzt natürlich als nächstes die Frage, wie man zu zuckerarmen Pferdeheu kommt. Funktioniert es nur, wenn passendere Gräser auf der Wiese stehen (fruktanarme „Pferdegräser“) oder sind die aktuellen Erntebedingungen (Schnittzeitpunkt, Wetter) oder auch das allgemeine Mangement (Düngen, Anzahl der Schnittnutzungen) von größerer Bedeutung. Oder anders ausgedrückt: Kann man unter irgendwelchen Umständen auch von einer Wiese mit den üblichen Hochleistungsgräsern zuckerärmeres Heu bekommen? Oder klappt das nur bei den seltenen Ökowiesen ohne Weidelgras & Co?
Über die Heuproben wurden von den Stallbetreibern folgende Angaben gemacht:
Probe 1: Ich versuche spät geschnittenes Heu zu bekommen mit viel Stengeln, derzeit heißt das: geschnitten Ende Juni, Düngung „nur das Nötigste“, kein Klärschlamm, keine Reste aus Biomasse-Anlagen o.ä. Unser Heulieferant hat allerdings unterschiedliche Flächen zur Heuernte, daher kann ich leider nicht 100 % aussuchen. Allerdings frage ich immer wieder kritisch nach und hoffe, so auch das Pferdegeeignetste Heu zu bekommen, das er hat.
Probe 2: Das Heu machen wir selbst. Land gepachtet, düngen, mähen, wenden. Nur gepresst wird es vom Lohnunternehmer. Soweit möglich füttern wir nur ersten Schnitt.
Probe 3: Es ist der zweite Schnitt.
Probe 5: Erster Schnitt wenn ich mich richtig entsinne Juni, 2. Schnitt Ende August, teilweise Anfang September.
Probe 6: Zwei Lieferanten, jeweils möglichst ungespritzt und ungedüngt. Wir können kein anderes Heu mehr füttern, nachdem wir festgestellt haben, das unser Freiberger bei gedüngtem ersten Schnitt aus unserer Gegend ständig Kotwasser bekam.
Probe 7: Das Heu kommt von Wiesen aus dem Nachbarort, keine „Hochleistungswiesen“ aber auch keine Naturwiesen.Der Schnittzeitpunkt hängt vom Wetter ab, dieses Jahr früh, letztes Jahr eher spät.
Probe 8: Wir machen 80% des Heus selbst und ein Zukauf erfolt nur von einem Händler der ebenfalls selbst Heu macht.
Probe 9: Das Heu kaufe ich zu (Bio), magere Wiese, nie gedüngt. Es ist qualitativ wie ich glaube sehr hochwertiges Pferdeheu.
Probe 10: Angaben fehlen noch.
Diese Angaben sind leider noch nicht sehr ergiebig, so dass ich im nächsten Schritt vor allem bei den guten Heuproben noch genauer nachfragen möchte. Mich interessieren vor allem: Art des Bewuchses / Gräserarten, Schnittzeitpunkt, Wettersituation vor und zur Ernte, Art der Düngung. Ein Bericht folgt
Auswertung zu unserem Versuch zur freien Heufütterung
Veröffentlicht am 27.1.2015
Anfang Dezember haben wir über Facebook einen Aufruf gestartet. Es wurden 10 Betriebe gesucht, die in ihren Offenställen 24 Stunden Heu ad libitum anbieten und bei denen die Pferde trotzdem nicht zu dick werden. Die Anzahl der Zuschriften war riesig (vielen Dank an alle!) und dabei fiel zunächst folgendes auf:
- Es gibt viele schöne Offenställe und Stallbetreiber, die unheimlich bemüht sind, alles optimal zu lösen.
- Es gibt viele zu dicke Pferde, die von den Besitzern oder Stallbetreibern jedoch als passend angesehen werden.
Es war realtiv mühsam anhand der Fotos 10 Betriebe herauszusuchen, bei denen die Pferde wirklich einen passenden Futterzustand haben. Aber schließlich war die Entscheidung gefallen und die 10 Heuproben wurden ins Labor geschickt und auf ihren Zuckergehalt untersucht. Meine Vermutung war, dass die Zuckerwerte deutlich niedriger liegen als bei dem „üblichen Kuhheu“, welches die meistens Pferdehalter (einschließlich uns) mangels anderer Angebote füttern müssen.
Untersucht wurde:
Zuckergehalt: Hierunter versteht man die Zuckerstoffe, die vom Pferd im Dünndarm verdaut werden. Da das Verdauungssystem des Pferdes auf mageres Steppengras ausgelegt ist, kann es mit größeren Zuckermengen nicht gut umgehen. Zu viel Zucker im Heu führt zu Stoffwechselstörungen und Verfettung.
Fruktangehalt: Fruktane sind komplexe langkettige Zuckermoleküle, die das Pferd nur schwer verdauen kann und zwar erst im Dickdarm. Es wird daher vermutet, dass bei einer zu großen Fruktanaufnahme, die Bakterienflora im Dickdarm zusammenbricht und durch das massive Absterben der Darmbakterien entsprechende Giftstoffe gebildet werden, die dann wiederum Hufrehe auslösen können.
Rohfasergehalt. Rohfaser sind Stoffe, die in bestimmten Laugen und Säuren unlöslich sind. In der Pferdefütterung gehören dazu zum Beispiel Zellulose und Lignin. Das Pferd benötigt eine ausreichende Menge Rohfasern. Es ist in der Lage, diese Stoffe im Dickdarm mit Hilfe von Mikroorganismen aufzuschließen und daraus Energie zu gewinnen. Überständiges Gras hat einen Rohfasergehalt bis zu 6% (bezogen auf die Frischmasse), junges Gras nur 3-4 %. Der Rohfasergehalt steigt also mit dem Alter des Grases.
Und hier kommen jetzt die Ergebnisse der 9 Heuproben (Probe 4 ist leider aus unbekannten Gründen nicht im Labor angekommen).
Rot: Anteil an Fruktanen (g/kg Trockenmasse)
Blau: Menge des Restzuckers (g/kg Trockenmasse)
Die Höhe der Säulen ist somit der Gesamtzuckergehalt der Heuproben.
P: deutliche Schädigung des Proteins
(P): geringe Schädigung des Proteins.
Alle Proben waren sensorisch frei von Schimmelbildung. Bei acht Proben war der Geruch angenehm heuartig, bei einer Probe (Nr. 6) Geruch leicht muffig, noch angenehm. Die Qualität der Heuproben hinsichtlich Schimmelpilze war somit im wesentlichen sehr gut.
Heuprobe 3 zeigt die bei uns leider auch oft üblichen hohen Werte sowohl beim Fruktan als auch dadurch beim Gesamtzucker. Alle anderen Heuproben liegen deutlich niedriger vor allem im Fruktangehalt. Fünf Proben liegen im Zuckergehalt unter 50% von der Probe mit dem höchsten Gesamtzuckerwert. Diese Unterschiede hätte ich nicht so stark erwartet.
Bei den Heuproben, bei denen die Werte extrem niedrig sind, geht es allerdings auf Kosten der Proteinqualität. Hier muss man also im Blick haben, ob die Eiweißversorgung der Pferde noch ausreichend ist. Ich habe zunächst vermutet, dass diese Heusorten eventuell besonders spät geschnitten wurden. Der Rohfasergehalt der Heuproben bestätigt dieses jedoch nicht. Es ist in der nächsten Zeichnung zu sehen. Die Höhe der Säulen gibt den Rohfasergehalt an in g pro kg Trockenmasse.
Auch wenn dieses kein umfangreicher wissenschaftlicher Versuch ist, bestätigt er dennoch die Annahme, dass der Zuckergehalt im Heu ein entscheidender Faktor dafür ist, wie gut eine freie Heufütterung funktionieren kann oder eben auch nicht (im Hinblick auf Verfettung der Pferde).
Für mich stellt sich jetzt natürlich als nächstes die Frage, wie man zu zuckerarmen Pferdeheu kommt. Funktioniert es nur, wenn passendere Gräser auf der Wiese stehen (fruktanarme „Pferdegräser“) oder sind die aktuellen Erntebedingungen (Schnittzeitpunkt, Wetter) oder auch das allgemeine Mangement (Düngen, Anzahl der Schnittnutzungen) von größerer Bedeutung. Oder anders ausgedrückt: Kann man unter irgendwelchen Umständen auch von einer Wiese mit den üblichen Hochleistungsgräsern zuckerärmeres Heu bekommen? Oder klappt das nur bei den seltenen Ökowiesen ohne Weidelgras & Co?
Über die Heuproben wurden von den Stallbetreibern folgende Angaben gemacht:
Probe 1: Ich versuche spät geschnittenes Heu zu bekommen mit viel Stengeln, derzeit heißt das: geschnitten Ende Juni, Düngung „nur das Nötigste“, kein Klärschlamm, keine Reste aus Biomasse-Anlagen o.ä. Unser Heulieferant hat allerdings unterschiedliche Flächen zur Heuernte, daher kann ich leider nicht 100 % aussuchen. Allerdings frage ich immer wieder kritisch nach und hoffe, so auch das Pferdegeeignetste Heu zu bekommen, das er hat.
Probe 2: Das Heu machen wir selbst. Land gepachtet, düngen, mähen, wenden. Nur gepresst wird es vom Lohnunternehmer. Soweit möglich füttern wir nur ersten Schnitt.
Probe 3: Es ist der zweite Schnitt.
Probe 5: Erster Schnitt wenn ich mich richtig entsinne Juni, 2. Schnitt Ende August, teilweise Anfang September.
Probe 6: Zwei Lieferanten, jeweils möglichst ungespritzt und ungedüngt. Wir können kein anderes Heu mehr füttern, nachdem wir festgestellt haben, das unser Freiberger bei gedüngtem ersten Schnitt aus unserer Gegend ständig Kotwasser bekam.
Probe 7: Das Heu kommt von Wiesen aus dem Nachbarort, keine „Hochleistungswiesen“ aber auch keine Naturwiesen.Der Schnittzeitpunkt hängt vom Wetter ab, dieses Jahr früh, letztes Jahr eher spät.
Probe 8: Wir machen 80% des Heus selbst und ein Zukauf erfolt nur von einem Händler der ebenfalls selbst Heu macht.
Probe 9: Das Heu kaufe ich zu (Bio), magere Wiese, nie gedüngt. Es ist qualitativ wie ich glaube sehr hochwertiges Pferdeheu.
Probe 10: Angaben fehlen noch.
Diese Angaben sind leider noch nicht sehr ergiebig, so dass ich im nächsten Schritt vor allem bei den guten Heuproben noch genauer nachfragen möchte. Mich interessieren vor allem: Art des Bewuchses / Gräserarten, Schnittzeitpunkt, Wettersituation vor und zur Ernte, Art der Düngung. Ein Bericht folgt