Offenstallwissen

Offenstallwissen

Wieviele Pferde passen in einen Offenstall ? (Teil 2)

Veterinäramt Hannover fördert Offenstallhaltung

Veröffentlicht am 13.10.2020 von Tanja Romanazzi

Nach dem ersten Teil, in dem es um Form, Lage und Größe des Unterstandes ging, betrachten wir jetzt im zweiten Teil die Heufütterung. Das Ziel ist klar: alle Pferde sollen entspannt fressen können. Auch das Rangniedrigste soll friedlich sein Heu mümmeln und das nicht nur, wenn die Ranghohen gerade mal schlafen.

Oftmals hört man die einfache Regelung „ein Fressplatz pro Pferd plus einen zusätzlich“. Doch leider gibt es trotzdem in vielen Offenställen Stress beim Fressen. Daher möchte ich verschiedene Aspekte etwas genauer betrachten.

Heufütterung in Raufen im Offenstall vs. Zaunraufen

Es gibt ganz verschiedene Formen der Heufütterung. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist für mich, ob die Pferde um eine Raufe herum laufen können, oder ob es sich um eine Zaunraufe handelt. Dabei geht es gar nicht darum, ob eine Variante besser ist als die andere. Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Es geht nur darum, die Anzahl der benötigten Fressplätze zu verstehen.

Steht die Raufe mittig im Unterstand und können die Pferde von mehreren Seiten fressen, dann ist es für die Rangniederen einfacher, einen Platz zu finden. Bei Stress gibt es eine Art Rundlauf um die Raufe herum bis jeder wieder seinen Platz gefunden hat. Der Rangniedere hat den großen Vorteil, dass sich die Raufe immer zwischen ihm und dem Ranghohen befindet.

Heufütterung Offenstall

Bei normalen viereckigen Raufen von zum Beispiel 2m x 2m Größe rechnen wir mit 4 Pferden pro Raufe. Es gibt natürlich Gruppen, bei denen 6 und mehr Pferde an einer Raufe friedlich fressen. Aber genauso gut gibt es Pferde, die nur 1-2 Mitfresser dulden. Zudem muss man berücksichtigen, dass über Nacht auch mal eine Raufe leer gefressen wird und die Pferde dann eine Raufe weniger zur Verfügung haben.

Verwendet man Zaunraufen bzw. Raufen, die nur von einer Seite zur Verfügung stehen, dann ist die Situation für die Rangniederen schwieriger. Ein ranghohes Pferd kann hier problemlos 4-6 Fressplätze belegen.

Heufütterung Offenstall

Aus diesem Grund sollte man bei dieser Variante deutlich großzügiger rechnen und möglichst mehrere Fressbereiche anbieten, die räumlich etwas getrennt liegen. Habe ich zum Beispiel eine Herde von 12 Pferde, so wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, mit mindestens drei (besser 4) verteilten Fressgittern mit insgesamt 20 Fressplätzen zu rechnen.

Gemeinsames Fressen vs. verteilte Heufütterung

Pferde haben den Wunsch gemeinsam zu fressen. Gleichzeitig benötigen vor allem die Rangniederen oftmals etwas mehr Abstand, um sich sicher genug zu fühlen. Zudem kann man verteilte Heufressplätze gut als Bewegungsanreiz nutzen, damit die Pferde nicht nur an einer Stelle herum stehen. Wie bringt man diese Bedürfnisse nun unter einen Hut?

Wenn man die Heufressplätze zu weit voneinander trennt, dann kann es einem passieren, dass sich die Ranghohen ihre Lieblingsraufe aussuchen und die Rangniederen in zweiter Reihe warten bis sie dann mal dran sind.

Heufütterung Offenstall

Das ist natürlich nicht das, was man haben möchte. Daher ist es aus meiner Sicht besser, die Fressplätze nur so weit zu verteilen, dass für die Pferde noch das Gefühl des gemeinsamen Fressens erhalten bleibt. Das kann man schlecht in konkreten Zahlen ausdrücken, da es sehr von der Form und Gestaltung des Offenstalls abhängt. Wichtig ist auf jeden Fall der Sichtkontakt und dass an jedem Fressplatz mehrere Pferde fressen können. Im folgenden Bild sieht man als Beispiel einen Paddock Trail für 10-12 Pferde mit drei verteilten Heuraufen.

Heufütterung Offenstall

Im nächsten Bild als Alternative einen zentralen Heufütterungsplatz ebenfalls mit drei Heuraufen. Beide Varianten haben für Pferde und Betreiber Vor- und Nachteile.

Offenstall Heufütterung

Portionierte Fütterung vs. Heu ad libitum

Wenn man 24h Heu anbieten kann, dann ist das für Pferde und Betreiber die angenehmste Form der Fütterung. Ist die Heuqualität dafür jedoch ungeeignet oder sind die Pferde aus anderen Gründen zu dick, dann ist eine Portionierung nötig. Diese führt jedoch automatisch auch zu mehr Futterneid und Stress und man muss dieses bei der Verteilung und Anzahl der Fressplätze berücksichtigen. Das bedeutet, dass man noch etwas großzügiger planen sollte.

Verwendet man Heudosierer (Futterständer, in denen das Pferd über einen Chip erkannt wird und dann seine individuelle Fresszeit bekommt), so sollte man nach unserer Erfahrung höchstens 3 Pferde pro Heudosierer rechnen (falls es die alleinige Form der Fütterung ist). Müssen mehr Pferde mit einem Dosierer gefüttert werden, so stehen die Rangniederen oftmals sehr lange in Warteposition bis sie in die Station kommen und nicht von einem Ranghohen weggedrängelt werden.

Bei einer portionierten Heufütterung führt es zu mehr Entspannung, wenn zusätzlich Stroh in einer Raufe ad libitum zur Verfügung steht und / oder Gehölzfutter zum Beispiel in einer Totholzhecke. Die Pferde können dann in den Fresspausen etwas knabbern. Dieses ist besonders wichtig, wenn die Fresspausen bei der Fütterung per Hand größer sind als 4 Stunden. Im folgenden Foto sieht man einen Offenstall mit 4 Heudosierern und einer Strohraufe im Vordergrund.

Heufütterung Offenstall

Bei der automatischen Portionierung funktioniert es nach unserer Erfahrung besser, wenn es etwas weniger und dafür längere Mahlzeiten sind, also zum Beispiel bei 240 Fressminuten pro Tag sind mir 6 Mahlzeiten mit jeweils 40 min lieber als jede Stunde 10 min. Die sehr kurzen Fresseinheiten führen bei vielen Pferden zu einem sehr hektischen Fressen.

Die Zusammensetzung der Herde

Auch bei der Heufütterung spielt die Zusammensetzung der Herde eine große Rolle. Ist es eine friedliche Gruppe (wie im folgendem Foto), bei der alle Pferde gut integriert sind, dann hat man viel leichtere Voraussetzungen als bei einer unsicheren Herde, bei der vielleicht ein echter Chef fehlt oder bei der es einzelne Pferde gibt, die sehr ängstlich sind und sich lieber etwas entfernt von den anderen aufhalten.

Während in einer Gruppe alle Pferde entspannt an einer Raufe fressen können, gibt es andere Herden, bei denen ein rangniedriges Pferde sich nicht heran traut und immer nur in den Randzeiten etwas frisst. Was am Anfang mal gut passte, kann zwei Jahre später mit anderer Heuqualität oder anderer Zusammensetzung der Herde ganz anders aussehen.

Offenstall Heufütterung

Fazit: Bei der Heufütterung spielt nicht nur die Anzahl an Fressplätzen eine Rolle, sondern ebenso deren Verteilung und die Art der Fütterung. Es kann zudem große Unterschiede geben je nach Zusammensetzung der Herde. Das wichtigste ist daher immer die Beobachtung (und gegebenenfalls die Korrektur). Ziel sollte immer sein, dass auch die rangniederen Pferde zu den normalen Heufresszeiten entspannt mitknabbern können.

Im letzten Teil 3 betrachten wir die Auslaufgröße ….

Wieviele Pferde passen in einen Offenstall ? (Teil 2)

Veterinäramt Hannover fördert Offenstallhaltung

Veröffentlicht am 13.10.2020 von Tanja Romanazzi

Nach dem ersten Teil, in dem es um Form, Lage und Größe des Unterstandes ging, betrachten wir jetzt im zweiten Teil die Heufütterung. Das Ziel ist klar: alle Pferde sollen entspannt fressen können. Auch das Rangniedrigste soll friedlich sein Heu mümmeln und das nicht nur, wenn die Ranghohen gerade mal schlafen.

Oftmals hört man die einfache Regelung „ein Fressplatz pro Pferd plus einen zusätzlich“. Doch leider gibt es trotzdem in vielen Offenställen Stress beim Fressen. Daher möchte ich verschiedene Aspekte etwas genauer betrachten.

Heufütterung in Raufen im Offenstall vs. Zaunraufen

Es gibt ganz verschiedene Formen der Heufütterung. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist für mich, ob die Pferde um eine Raufe herum laufen können, oder ob es sich um eine Zaunraufe handelt. Dabei geht es gar nicht darum, ob eine Variante besser ist als die andere. Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Es geht nur darum, die Anzahl der benötigten Fressplätze zu verstehen.

Steht die Raufe mittig im Unterstand und können die Pferde von mehreren Seiten fressen, dann ist es für die Rangniederen einfacher, einen Platz zu finden. Bei Stress gibt es eine Art Rundlauf um die Raufe herum bis jeder wieder seinen Platz gefunden hat. Der Rangniedere hat den großen Vorteil, dass sich die Raufe immer zwischen ihm und dem Ranghohen befindet.

Heufütterung Offenstall

Bei normalen viereckigen Raufen von zum Beispiel 2m x 2m Größe rechnen wir mit 4 Pferden pro Raufe. Es gibt natürlich Gruppen, bei denen 6 und mehr Pferde an einer Raufe friedlich fressen. Aber genauso gut gibt es Pferde, die nur 1-2 Mitfresser dulden. Zudem muss man berücksichtigen, dass über Nacht auch mal eine Raufe leer gefressen wird und die Pferde dann eine Raufe weniger zur Verfügung haben.

Verwendet man Zaunraufen bzw. Raufen, die nur von einer Seite zur Verfügung stehen, dann ist die Situation für die Rangniederen schwieriger. Ein ranghohes Pferd kann hier problemlos 4-6 Fressplätze belegen.

Heufütterung Offenstall

Aus diesem Grund sollte man bei dieser Variante deutlich großzügiger rechnen und möglichst mehrere Fressbereiche anbieten, die räumlich etwas getrennt liegen. Habe ich zum Beispiel eine Herde von 12 Pferde, so wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, mit mindestens drei (besser 4) verteilten Fressgittern mit insgesamt 20 Fressplätzen zu rechnen.

Gemeinsames Fressen vs. verteilte Heufütterung

Pferde haben den Wunsch gemeinsam zu fressen. Gleichzeitig benötigen vor allem die Rangniederen oftmals etwas mehr Abstand, um sich sicher genug zu fühlen. Zudem kann man verteilte Heufressplätze gut als Bewegungsanreiz nutzen, damit die Pferde nicht nur an einer Stelle herum stehen. Wie bringt man diese Bedürfnisse nun unter einen Hut?

Wenn man die Heufressplätze zu weit voneinander trennt, dann kann es einem passieren, dass sich die Ranghohen ihre Lieblingsraufe aussuchen und die Rangniederen in zweiter Reihe warten bis sie dann mal dran sind.

Heufütterung Offenstall

Das ist natürlich nicht das, was man haben möchte. Daher ist es aus meiner Sicht besser, die Fressplätze nur so weit zu verteilen, dass für die Pferde noch das Gefühl des gemeinsamen Fressens erhalten bleibt. Das kann man schlecht in konkreten Zahlen ausdrücken, da es sehr von der Form und Gestaltung des Offenstalls abhängt. Wichtig ist auf jeden Fall der Sichtkontakt und dass an jedem Fressplatz mehrere Pferde fressen können. Im folgenden Bild sieht man als Beispiel einen Paddock Trail für 10-12 Pferde mit drei verteilten Heuraufen.

Heufütterung Offenstall

Im nächsten Bild als Alternative einen zentralen Heufütterungsplatz ebenfalls mit drei Heuraufen. Beide Varianten haben für Pferde und Betreiber Vor- und Nachteile.

Offenstall Heufütterung

Portionierte Fütterung vs. Heu ad libitum

Wenn man 24h Heu anbieten kann, dann ist das für Pferde und Betreiber die angenehmste Form der Fütterung. Ist die Heuqualität dafür jedoch ungeeignet oder sind die Pferde aus anderen Gründen zu dick, dann ist eine Portionierung nötig. Diese führt jedoch automatisch auch zu mehr Futterneid und Stress und man muss dieses bei der Verteilung und Anzahl der Fressplätze berücksichtigen. Das bedeutet, dass man noch etwas großzügiger planen sollte.

Verwendet man Heudosierer (Futterständer, in denen das Pferd über einen Chip erkannt wird und dann seine individuelle Fresszeit bekommt), so sollte man nach unserer Erfahrung höchstens 3 Pferde pro Heudosierer rechnen (falls es die alleinige Form der Fütterung ist). Müssen mehr Pferde mit einem Dosierer gefüttert werden, so stehen die Rangniederen oftmals sehr lange in Warteposition bis sie in die Station kommen und nicht von einem Ranghohen weggedrängelt werden.

Bei einer portionierten Heufütterung führt es zu mehr Entspannung, wenn zusätzlich Stroh in einer Raufe ad libitum zur Verfügung steht und / oder Gehölzfutter zum Beispiel in einer Totholzhecke. Die Pferde können dann in den Fresspausen etwas knabbern. Dieses ist besonders wichtig, wenn die Fresspausen bei der Fütterung per Hand größer sind als 4 Stunden. Im folgenden Foto sieht man einen Offenstall mit 4 Heudosierern und einer Strohraufe im Vordergrund.

Heufütterung Offenstall

Bei der automatischen Portionierung funktioniert es nach unserer Erfahrung besser, wenn es etwas weniger und dafür längere Mahlzeiten sind, also zum Beispiel bei 240 Fressminuten pro Tag sind mir 6 Mahlzeiten mit jeweils 40 min lieber als jede Stunde 10 min. Die sehr kurzen Fresseinheiten führen bei vielen Pferden zu einem sehr hektischen Fressen.

Die Zusammensetzung der Herde

Auch bei der Heufütterung spielt die Zusammensetzung der Herde eine große Rolle. Ist es eine friedliche Gruppe (wie im folgendem Foto), bei der alle Pferde gut integriert sind, dann hat man viel leichtere Voraussetzungen als bei einer unsicheren Herde, bei der vielleicht ein echter Chef fehlt oder bei der es einzelne Pferde gibt, die sehr ängstlich sind und sich lieber etwas entfernt von den anderen aufhalten.

Während in einer Gruppe alle Pferde entspannt an einer Raufe fressen können, gibt es andere Herden, bei denen ein rangniedriges Pferde sich nicht heran traut und immer nur in den Randzeiten etwas frisst. Was am Anfang mal gut passte, kann zwei Jahre später mit anderer Heuqualität oder anderer Zusammensetzung der Herde ganz anders aussehen.

Offenstall Heufütterung

Fazit: Bei der Heufütterung spielt nicht nur die Anzahl an Fressplätzen eine Rolle, sondern ebenso deren Verteilung und die Art der Fütterung. Es kann zudem große Unterschiede geben je nach Zusammensetzung der Herde. Das wichtigste ist daher immer die Beobachtung (und gegebenenfalls die Korrektur). Ziel sollte immer sein, dass auch die rangniederen Pferde zu den normalen Heufresszeiten entspannt mitknabbern können.

Im letzten Teil 3 betrachten wir die Auslaufgröße ….