Offenstallwissen

Offenstallwissen

Wieviele Pferde passen in einen Offenstall ? (Teil 3)

Veterinäramt Hannover fördert Offenstallhaltung

Veröffentlicht am 16.10.2020 von Tanja Romanazzi

Nach Teil 1 und Teil 2 kommen wir nun zu dem letzten Teil, in dem es um die Auslaufgröße geht.


Nach den Tierschutzrichtlinien benötigen 2 Pferde 150 m² und jedes weitere Pferd zusätzlich 40 m². Aus unserer Sicht sind das die absoluten Untergrenzen bzw. wenn sich die Pferde nicht super optimal verstehen, dann ist das zu wenig. Je großzügiger die Platzverhältnisse, desto entspannter sind die Pferde. Es gibt zu diesem Thema eine wissenschaftliche Arbeit von B. Flauger und K. Krüger, in denen das Aggressionsverhalten der Pferde in Abhängigkeit der Offenstallgröße betrachtet wurde. Hier konnte gezeigt werden, dass ab einer Größe von ca. 330 m² pro Pferd das Aggressionsniveau gegen 0 geht.

Neben der reinen Größe spielen jedoch auch Form und Gestaltung der Fläche eine große Rolle. Ein kleiner und optimal gestalteter Auslauf kann für die Pferde besser funktionieren als eine große Fläche mit Planungsmängeln. Aus diesem Grund finde ich es immer schwierig eine konkrete Zahl anzugeben.

Sackgassen vermeiden oder mit Raumteilern entschärfen.

Sackgassen sind problematisch, da rangniedere Pferde dort vor den Ranghohen in Stresssituationen nicht flüchten können. Sie können dort hinein getrieben werden und haben dann keinen Ausweg mehr. Daher sollte man Sackgassen so gut wie möglich vermeiden. Ist es aufgrund der baulichen Gegebenheiten notwendig, dann benötigt man zumindest einen Raumteiler, hinter dem sich das Pferd quasi in Sicherheit bringen kann.

Eine gute Überlegung ist immer, sich vorzustellen, wie man als Kind fangen gespielt hat. Überall dort, wo man nicht hinrennen würde (weil man dort sicher gefangen wird), fühlt sich das Pferd auch nicht wohl.

Auf Gut Heinrichshof haben wir eine Diätgruppe, in der die Pferde über zwei Doppel-Heudosierer gefüttert werden. Diese liegen so am Außenzaun, dass man sie einfach befüllen kann.

Auslauf Offenstall

Durch diese Anordnung entstanden jedoch auch rechts und links von dem Zugang kleine Sackgassen, in denen rangniedere Pferde immer mal wieder in Stresssituationen gerieten. Aus diesem Grund wurde diese Stelle mit einem zweiten Tor so umgebaut, dass es für die Pferde jetzt einen zusätzlichen Durchgang gibt.

Erreichbarkeit wichtiger Stationen

Vor allem Heuraufen, Tränke und Unterstand sollten möglichst frei erreichbar sein, am besten von mehreren Seiten. In der freien Natur können sich Pferde sowohl zum Fressen und Schlafen als auch oftmals beim Trinken relativ locker über eine größere Fläche verteilen. In einem Offenstall zwingen wir sie an diesen wichtigen Punkten eng zusammen. In der Regel gibt es nun einmal nur eine Tränke statt einer großen Wasserstelle und eine Raufe statt einer größeren Steppe. Wir sollten das bei der Planung berücksichtigen und es den Pferden so leicht wie möglich machen.

Im nächsten Foto sieht man als Beispiel eine Tränke, die von allen Seiten frei zugänglich ist.

Auslauf Offenstall

Schutzzonen für Rangniedere

Je geringer das Platzangebot ist, desto wichtiger wird es, Bereiche zu schaffen, in denen die Rangniederen sich mal aus dem direkten Sichtkontakt zu den Ranghohen heraus bewegen können. Dieses kann man sehr schön mit kleinen Hecken erreichen oder auch über kleine Rundläufe um andere Gestaltungselemente, wie man es im folgenden Beispiel sieht.

Zwei Beispiele

Im folgenden Bild sieht man einen Offenstall für 4 Pferde. Die Gesamtfläche beträgt 800 m² (also 200m² pro Pferd), der Unterstand hat eine Fläche von 48 m² (12 m² pro Pferd) mit 2 Ein- und Ausgängen und das Fressgitter am Zaun ist 8m lang, so dass jedes Pferd 2m Platz hat. Die Zahlen sehen eigentlich ganz gut aus. Wenn man sich aber den Offenstall ansieht, kann man sofort erkennen, dass sich die rangniederen Pferde nicht wohl fühlen werden.

Auslauf Offenstall

Tränke und Zaunraufe liegen in einer Sackgasse, so dass die rangniederen Pferde (weiß) bei Stress schlecht ausweichen können. Stellt sich ein ranghohes Pferd (schwarz) etwas quer in den Weg, wird sich das Rangniedere eventuell nicht vorbei trauen.

Der Unterstand hat eine ungünstige Form und die Ausgänge liegen relativ nah beieinander. Auch hier ist es für die Rangniederen sehr schwer, bei Bedarf schnell heraus zu kommen. Der Auslauf wurde sauber befestigt aber leider vollkommen unstrukturiert gelassen. Dadurch haben die Rangniederen keine Möglichkeit, sich mal aus dem Blickkontakt zu den Ranghohen heraus zu bewegen.

Im nächsten Bild sieht man einen Offenstall mit den gleichen Maßen (800 m² Gesamtfläche, 48 m² Unterstand) jedoch mit ganz anderer Gestaltung.

Auslauf Offenstall

Hier haben die Pferde einen Rundlauf um den Unterstand. Sowohl Heuraufe als auch Tränke sind von mehreren Seiten zugänglich. Hecke, Bäume und Hügel untergliedern die Fläche und schaffen geschützte Räume. Zudem sorgen sie zusammen mit den Baumstämmen, Totholzhecke und Leckstein für mehr Abwechslung.

Fazit: Für den Auslaufbereich im Offenstall sollte man möglichst mindestens 200 m² pro Pferd zur Verfügung haben. Je mehr Platz, umso entspannter sind die Pferde. Neben der reinen Größe ist jedoch die Gestaltung sehr wichtig. Sackgassen sollte man vermeiden und alle wichtigen Elemente, wie Heuraufen, Tränke und Unterstand müssen von mehreren Seiten frei zugänglich sein. Über Bäume und Hecken kann man die Fläche strukturieren und geschützte Bereiche vor allem für die rangniederen Pferde schaffen.

Das Thema Trails habe ich an dieser Stelle weggelassen. Sie sind natürlich immer eine super Erweiterung jedes Offenstalls. Wir werden dieses Thema noch einmal in einem weiteren Artikel aufgreifen.

Hiermit endet nun unsere kleine Serie zu der Frage: "Wie viele Pferde passen in einen Offenstall?" In der freien Natur haben die Pferde zum Fressen, Trinken und Schlafen große Areale zur Verfügung. Wenn wir sie in einen begrenzten Offenstall zusammen sperren, haben wir die Verantwortung, dass sie ihre Grundbedürfnisse entspannt befriedigen können und es für alle Herdenmitglieder gut funktioniert. Ich hoffe, ich konnte dazu ein paar Anregungen weitergeben :-)

Wieviele Pferde passen in einen Offenstall ? (Teil 3)

Veterinäramt Hannover fördert Offenstallhaltung

Veröffentlicht am 16.10.2020 von Tanja Romanazzi

Nach Teil 1 und Teil 2 kommen wir nun zu dem letzten Teil, in dem es um die Auslaufgröße geht.


Nach den Tierschutzrichtlinien benötigen 2 Pferde 150 m² und jedes weitere Pferd zusätzlich 40 m². Aus unserer Sicht sind das die absoluten Untergrenzen bzw. wenn sich die Pferde nicht super optimal verstehen, dann ist das zu wenig. Je großzügiger die Platzverhältnisse, desto entspannter sind die Pferde. Es gibt zu diesem Thema eine wissenschaftliche Arbeit von B. Flauger und K. Krüger, in denen das Aggressionsverhalten der Pferde in Abhängigkeit der Offenstallgröße betrachtet wurde. Hier konnte gezeigt werden, dass ab einer Größe von ca. 330 m² pro Pferd das Aggressionsniveau gegen 0 geht.

Neben der reinen Größe spielen jedoch auch Form und Gestaltung der Fläche eine große Rolle. Ein kleiner und optimal gestalteter Auslauf kann für die Pferde besser funktionieren als eine große Fläche mit Planungsmängeln. Aus diesem Grund finde ich es immer schwierig eine konkrete Zahl anzugeben.

Sackgassen vermeiden oder mit Raumteilern entschärfen.

Sackgassen sind problematisch, da rangniedere Pferde dort vor den Ranghohen in Stresssituationen nicht flüchten können. Sie können dort hinein getrieben werden und haben dann keinen Ausweg mehr. Daher sollte man Sackgassen so gut wie möglich vermeiden. Ist es aufgrund der baulichen Gegebenheiten notwendig, dann benötigt man zumindest einen Raumteiler, hinter dem sich das Pferd quasi in Sicherheit bringen kann.

Eine gute Überlegung ist immer, sich vorzustellen, wie man als Kind fangen gespielt hat. Überall dort, wo man nicht hinrennen würde (weil man dort sicher gefangen wird), fühlt sich das Pferd auch nicht wohl.

Auf Gut Heinrichshof haben wir eine Diätgruppe, in der die Pferde über zwei Doppel-Heudosierer gefüttert werden. Diese liegen so am Außenzaun, dass man sie einfach befüllen kann.

Auslauf Offenstall

Durch diese Anordnung entstanden jedoch auch rechts und links von dem Zugang kleine Sackgassen, in denen rangniedere Pferde immer mal wieder in Stresssituationen gerieten. Aus diesem Grund wurde diese Stelle mit einem zweiten Tor so umgebaut, dass es für die Pferde jetzt einen zusätzlichen Durchgang gibt.

Erreichbarkeit wichtiger Stationen

Vor allem Heuraufen, Tränke und Unterstand sollten möglichst frei erreichbar sein, am besten von mehreren Seiten. In der freien Natur können sich Pferde sowohl zum Fressen und Schlafen als auch oftmals beim Trinken relativ locker über eine größere Fläche verteilen. In einem Offenstall zwingen wir sie an diesen wichtigen Punkten eng zusammen. In der Regel gibt es nun einmal nur eine Tränke statt einer großen Wasserstelle und eine Raufe statt einer größeren Steppe. Wir sollten das bei der Planung berücksichtigen und es den Pferden so leicht wie möglich machen.

Im nächsten Foto sieht man als Beispiel eine Tränke, die von allen Seiten frei zugänglich ist.

Auslauf Offenstall

Schutzzonen für Rangniedere

Je geringer das Platzangebot ist, desto wichtiger wird es, Bereiche zu schaffen, in denen die Rangniederen sich mal aus dem direkten Sichtkontakt zu den Ranghohen heraus bewegen können. Dieses kann man sehr schön mit kleinen Hecken erreichen oder auch über kleine Rundläufe um andere Gestaltungselemente, wie man es im folgenden Beispiel sieht.

Zwei Beispiele

Im folgenden Bild sieht man einen Offenstall für 4 Pferde. Die Gesamtfläche beträgt 800 m² (also 200m² pro Pferd), der Unterstand hat eine Fläche von 48 m² (12 m² pro Pferd) mit 2 Ein- und Ausgängen und das Fressgitter am Zaun ist 8m lang, so dass jedes Pferd 2m Platz hat. Die Zahlen sehen eigentlich ganz gut aus. Wenn man sich aber den Offenstall ansieht, kann man sofort erkennen, dass sich die rangniederen Pferde nicht wohl fühlen werden.

Auslauf Offenstall

Tränke und Zaunraufe liegen in einer Sackgasse, so dass die rangniederen Pferde (weiß) bei Stress schlecht ausweichen können. Stellt sich ein ranghohes Pferd (schwarz) etwas quer in den Weg, wird sich das Rangniedere eventuell nicht vorbei trauen.

Der Unterstand hat eine ungünstige Form und die Ausgänge liegen relativ nah beieinander. Auch hier ist es für die Rangniederen sehr schwer, bei Bedarf schnell heraus zu kommen. Der Auslauf wurde sauber befestigt aber leider vollkommen unstrukturiert gelassen. Dadurch haben die Rangniederen keine Möglichkeit, sich mal aus dem Blickkontakt zu den Ranghohen heraus zu bewegen.

Im nächsten Bild sieht man einen Offenstall mit den gleichen Maßen (800 m² Gesamtfläche, 48 m² Unterstand) jedoch mit ganz anderer Gestaltung.

Auslauf Offenstall

Hier haben die Pferde einen Rundlauf um den Unterstand. Sowohl Heuraufe als auch Tränke sind von mehreren Seiten zugänglich. Hecke, Bäume und Hügel untergliedern die Fläche und schaffen geschützte Räume. Zudem sorgen sie zusammen mit den Baumstämmen, Totholzhecke und Leckstein für mehr Abwechslung.

Fazit: Für den Auslaufbereich im Offenstall sollte man möglichst mindestens 200 m² pro Pferd zur Verfügung haben. Je mehr Platz, umso entspannter sind die Pferde. Neben der reinen Größe ist jedoch die Gestaltung sehr wichtig. Sackgassen sollte man vermeiden und alle wichtigen Elemente, wie Heuraufen, Tränke und Unterstand müssen von mehreren Seiten frei zugänglich sein. Über Bäume und Hecken kann man die Fläche strukturieren und geschützte Bereiche vor allem für die rangniederen Pferde schaffen.

Das Thema Trails habe ich an dieser Stelle weggelassen. Sie sind natürlich immer eine super Erweiterung jedes Offenstalls. Wir werden dieses Thema noch einmal in einem weiteren Artikel aufgreifen.

Hiermit endet nun unsere kleine Serie zu der Frage: "Wie viele Pferde passen in einen Offenstall?" In der freien Natur haben die Pferde zum Fressen, Trinken und Schlafen große Areale zur Verfügung. Wenn wir sie in einen begrenzten Offenstall zusammen sperren, haben wir die Verantwortung, dass sie ihre Grundbedürfnisse entspannt befriedigen können und es für alle Herdenmitglieder gut funktioniert. Ich hoffe, ich konnte dazu ein paar Anregungen weitergeben :-)